Zwischen Fakten und Vorwürfen: Der Fall PETA gegen den Zoo Arche Noah in Grömitz

Einleitung: Tierschutz oder gezielte Kampagne?

Die radikale Tierrechtsorganisation PETA hat erneut für Aufsehen gesorgt – dieses Mal mit massiver Kritik am Zoo „Arche Noah“ in Grömitz. In einer viel beachteten Pressemitteilung vom Juni 2025 warf die Organisation dem Zoo tierschutzwidrige Zustände vor. Es geht um verhaltensgestörte Tiere, enge Gehege, unhygienische Bedingungen und angebliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Doch bei genauerem Hinsehen stellt sich die Frage: Handelt es sich hier um berechtigte Kritik mit fundierter Grundlage – oder könnten die Vorwürfe überzogen und nicht ausreichend geprüft sein?

PETAs Quellenlage: Whistleblower und heimliche Beobachtungen

Laut eigenen Angaben stützt sich PETA auf Beobachtungen einer Mitarbeiterin, die den Zoo im März 2025 unangekündigt besucht haben soll. Diese dokumentierte die angeblich schlechten Zustände mit Fotos und Videos. Ergänzt wurde das Material durch Hinweise sogenannter „Whistleblower“ – namentlich nicht genannter Personen, die teils bereits im Vorjahr über Missstände berichtet hätten.

Das Problem: Weder wurde der Zoo vor Veröffentlichung der Vorwürfe kontaktiert, noch scheint eine unabhängige Prüfung der Behauptungen stattgefunden zu haben. Die Veröffentlichung der schwerwiegenden Anschuldigungen erfolgte direkt über PETA – öffentlichkeitswirksam und mit einer Zuspitzung, die auch laut Medienberichten, wie etwa in den Lübecker Nachrichten, von mehreren Beobachtern als bewusst skandalisierend bezeichnet wurde. Auch das zuständige Veterinäramt wurde offenbar nicht im Vorfeld eingebunden oder um Stellungnahme gebeten. Dieses Vorgehen wirft grundlegende Zweifel an der Seriosität der Organisation auf.

Dabei hätte es durchaus Möglichkeiten gegeben, mit den zuständigen Behörden oder der Zooleitung in Kontakt zu treten. Ein konstruktiver Dialog wurde jedoch von PETA offenbar nicht angestrebt. Stattdessen wurde die Öffentlichkeit direkt mit harten Vorwürfen konfrontiert – ohne Kontext, ohne nachweisbare Belege, ohne Gegenprüfung.

Die Sicht des Veterinäramts Ostholstein

Das zuständige Veterinäramt des Landkreises Ostholstein bestätigte auf Nachfrage, dass es bereits im März 2025 – also lange vor der Veröffentlichung der PETA-Kampagne – eine routinemäßige Kontrolle im Zoo gegeben habe. Dabei stand unter anderem die Haltung der Schimpansen im Fokus.

Das Ergebnis dieser behördlichen Kontrolle spricht eine klare Sprache: Es lagen laut einer Mitteilung des Veterinäramtes Ostholstein vom Juni 2025 keine schwerwiegenden Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vor. Die Behörde erklärte gegenüber der Lokalpresse, dass die überprüften Haltungsbedingungen dem aktuellen tierschutzrechtlichen Standard entsprechen und keine akuten Maßnahmen erforderlich seien. Die Schimpansen wurden in getrennten Gruppen gehalten – eine Maßnahme, die mit hormonell bedingten Aggressionen unter den Tieren begründet wurde. Eine geplante Kastration eines Männchens sollte der Wiedervergesellschaftung dienen – ein gängiges Verfahren in zoologischen Einrichtungen, das aus Sicht des Amtes sogar dem Tierschutz dienlich sei.

Somit widersprechen die fachlich geprüften Erkenntnisse der zuständigen Behörde eindeutig den dramatischen Schilderungen von PETA. Es entsteht der Eindruck, dass hier ein medial wirksames Narrativ aufgebaut wurde, das mit der tatsächlichen Sachlage wenig zu tun hat.

Ungeprüfte Vorwürfe mit weitreichender Wirkung?

Ein zentraler Kritikpunkt am Vorgehen PETAs ist die offenkundige Abwesenheit jedweder sachgerechten Überprüfung. Weder die Identität noch die Glaubwürdigkeit der Whistleblower wurde offengelegt. Die Foto- und Videoaufnahmen, auf die sich PETA stützt, wurden ohne Kontext präsentiert – mit unklarer Datierung, unbekannter Dauer der Beobachtungen und ohne Vergleich zum Normalzustand der Haltung.

Besonders problematisch ist der Umstand, dass PETA offenbar keinerlei Versuch unternommen hat, die Echtheit oder Aussagekraft des Materials durch Dritte – etwa Fachleute oder Behörden – überprüfen zu lassen. Auch die Entscheidung, das Veterinäramt nicht vorab zu informieren, deutet darauf hin, dass es nicht um Aufklärung, sondern um maximale Empörung ging.

Juristische Dimension: Verdacht der falschen Verdächtigung

Die öffentliche Vorverurteilung eines Zoos, basierend auf möglicherweise ungeprüften oder einseitig interpretierten Informationen, wirft eine schwerwiegende Frage auf: Könnte sich PETA mit dieser Vorgehensweise strafbar gemacht haben?

Laut § 164 des Strafgesetzbuches (StGB) macht sich strafbar, wer wider besseren Wissens eine andere Person oder Institution bei einer Behörde oder öffentlich fälschlich verdächtigt, eine rechtswidrige Tat begangen zu haben. Im vorliegenden Fall hat PETA eine Strafanzeige erstattet – mutmaßlich ohne eigene objektive Prüfung und ohne Rücksprache mit den Kontrollinstanzen.

Sollten sich die Vorwürfe als unbegründet oder übertrieben herausstellen, könnte hierin tatsächlich eine falsche Verdächtigung gesehen werden. Laut § 164 StGB setzt dies voraus, dass eine Behörde über eine erfundene oder bewusst unzutreffende Straftat in Kenntnis gesetzt wird – und zwar in der Absicht, eine andere Person zu Unrecht strafrechtlich belangen zu lassen. In juristischen Kommentaren wie dem „Münchener Kommentar zum StGB“ oder dem „Fischer Strafgesetzbuch“ wird betont, dass insbesondere öffentlichkeitswirksame Falschverdächtigungen, die zu einem Reputationsschaden führen, eine erhebliche strafrechtliche Relevanz entfalten können. Vor allem dann, wenn durch die öffentliche Darstellung der Eindruck entstand, der Zoo sei bereits überführt oder verurteilt worden. In Kombination mit der Verbreitung über soziale Medien und Pressemitteilungen entsteht ein Pranger-Effekt, der rechtlich höchst bedenklich ist.

Kommunikationsmuster mit Wiedererkennungswert

Der Fall Grömitz steht beispielhaft für ein fragwürdiges Kommunikationsmuster, das bei PETA wiederholt zu beobachten ist. Anstatt Missstände zunächst intern zu prüfen, mit Experten zu besprechen oder Behörden einzuschalten, wird häufig sofort die Öffentlichkeit gesucht. Dabei geht es scheinbar nicht primär um nachhaltige Veränderungen, sondern um Aufmerksamkeit, Empörung – und nicht selten auch Spendeneinnahmen.

Diese Form der Skandalisierung auf Verdacht schadet nicht nur den Betroffenen, sondern auch dem Ansehen des gesamten Tierschutzes. Ein vergleichbarer Fall ereignete sich etwa 2017 im Erlebnis-Zoo Hannover, wo PETA massive Vorwürfe zur Elefantenhaltung erhob, die später von der Staatsanwaltschaft als unbegründet eingestuft wurden. Auch dort führte die voreilige mediale Vorverurteilung zu erheblichen Imageschäden – obwohl sich die Anschuldigungen als haltlos erwiesen.

Zoos, die transparent arbeiten und sich an gesetzliche Vorgaben halten, geraten unter Generalverdacht. Tierpfleger und Zooleitungen werden zu Feindbildern stilisiert – ohne Anhörung, ohne Beweisführung, ohne Differenzierung.

PETA positioniert sich in der öffentlichen Wahrnehmung als moralische Instanz. Doch wer ohne Beweise verurteilt und nicht bereit ist, andere Sichtweisen anzuhören, agiert letztlich nicht als Tierschützer, sondern als ideologischer Aktivist. Ein echter Diskurs kann so nicht entstehen – und auch keine tatsächlichen Verbesserungen im Sinne der Tiere.

Fazit: Substanz oder Skandalstrategie?

Die Recherchen und Stellungnahmen des zuständigen Veterinäramtes legen nahe, dass die von PETA erhobenen Vorwürfe gegen den Zoo Arche Noah in Grömitz substanzlos oder zumindest stark übertrieben sind. Das Vorgehen PETAs wirft grundlegende Fragen nach der Verantwortung von Tierrechtsorganisationen auf – insbesondere, wenn sie Einfluss auf die öffentliche Meinung und politische Entscheidungsprozesse nehmen wollen.

Es ist daher dringend geboten, zwischen faktenbasiertem Tierschutz und kampagnengetriebener Skandalisierung zu unterscheiden. Tierschutzarbeit muss glaubwürdig, rechtsstaatlich und transparent sein. Alles andere gefährdet nicht nur die Reputation Einzelner – sondern auch das Vertrauen in den gesamten gesellschaftlichen Diskurs über Tierwohl, Ethik und Verantwortung.

Denn wenn Organisationen wie PETA ohne Beweise öffentlich diffamieren, kann das nicht nur juristische Folgen haben – es untergräbt auch die Glaubwürdigkeit eines ganzen Berufsfeldes, das sich eigentlich dem Schutz der Schwächsten verschrieben hat.

Quellen:

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