Wenn alte Weggefährten plötzlich auf der Gästeliste fehlen
Robert Marc Lehmann, selbsternannter Weltenretter und Medienliebling des Tierschutzes, hat zur wohl größten Natur- und Tierschutzkonferenz des Jahres geladen. 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ein Meer aus Kameras, ein Hauch Hollywood – die „Avengers“ des Tier- und Naturschutzes sollten vereint sein. Nur: Die wirklich großen Namen fehlten. Kein PETA, kein Great Ape Project, kein Colin Goldner. Eine Einladung? Offenbar Fehlanzeige. Und das, obwohl Lehmann einst das Vorwort zu Colin Goldners Buch „Tiergefängnis Zoo“ schrieb – einem Werk, das heute wohl niemand außerhalb der Szene freiwillig auf dem Nachttisch liegen hat. Das Buch floppte, die Freundschaft scheint verdunstet, und die Einladung blieb wohl irgendwo zwischen Pathos und PR auf der Strecke.
Vom Vorwort zur Funkstille
Die Geschichte hat einen gewissen Unterhaltungswert: Da schreibt Robert Marc Lehmann, damals noch frisch im Influencer-Olymp, das Vorwort für Colin Goldners Buch – eine Abrechnung mit den Zoos, mit Zucht, Käfigen, Beton und Menschenaffen in Gefangenschaft. Beide galten als Brüder im Geiste, Seite an Seite gegen das System, gegen die Tierausbeutung, gegen alles, was nach Zoo roch. Doch Jahre später, bei der großen Tierschutzkonferenz, die all jene vereinen sollte, die sich für Tiere starkmachen, sucht man Goldner und das Great Ape Project vergeblich. Auch PETA, der Dauerbrenner unter den Skandalproduzenten, glänzte mit Abwesenheit. Kein Logo, kein Statement, kein Lebenszeichen.
Nun mag man sagen, das könne Zufall sein – doch wer Robert Marc Lehmanns mediale Strategie kennt, weiß, dass bei ihm nichts dem Zufall überlassen wird. Die Bühne war poliert, die Kameras liefen, die Gäste ausgewählt. Aber offenbar nur jene, die das gewünschte Bild bedienen: Helden des Alltags, gefühlt unpolitisch, professionell, handzahm. Für die schrillen Töne, die PETA liefert, oder für die scharfen Kanten eines Colin Goldner war kein Platz vorgesehen. Zu unbequem, zu anstrengend, zu viel Staub für die heilige Mission.
Die größte Robert Marc Lehmann Tierschutzkonferenz – oder doch nur die lauteste?
Robert Marc Lehmann inszenierte das Ganze als Startschuss einer neuen Ära. Der Tierschutz, so die Botschaft, müsse moderner, vernetzter, professioneller werden. Und wer, wenn nicht er, könnte diesen Wandel verkörpern? Der Biologe mit Kamera, der Influencer mit Taucherbrille, der Mann mit Mission. Das Konzept: Panels, Gruppenarbeit, Networking. Alles wirkt durchgeplant, glatt, fast klinisch sauber – wie ein Corporate Event für den moralischen Mittelstand.
Doch der Schatten, den die Abwesenden werfen, ist groß. Wenn PETA, GAP und Goldner fehlen, fehlt nicht nur Prominenz, sondern auch Konfliktpotenzial. Man kann die drei mögen oder hassen, aber sie bringen Reibung. Und Reibung erzeugt bekanntlich Energie. Ohne sie blieb das Treffen eher ein Gruppenkuscheln der Gleichgesinnten, bei dem man sich gegenseitig versichert, auf der richtigen Seite zu stehen.
Was wurde eigentlich aus Colin Goldner und dem Great Ape Project?
Colin Goldner, einst lautester Kritiker der Zoo-Industrie, ist mit seinem Great Ape Project längst zum philosophischen Denkmal verstaubt. Die Idee, Menschenaffen rechtlich auf eine Stufe mit Menschen zu stellen, war nie mehr als eine theoretische Fingerübung für die akademische Blase. In der Praxis blieb vom Pathos der Primatenrechte wenig übrig – und in den Medien kaum etwas zu hören. Vielleicht liegt genau darin der Grund für das Schweigen zwischen ihm und Lehmann: Wo der eine auf YouTube Klicks generiert, wartet der andere auf juristische Revolutionen, die nie eintreten. Zwei Welten, die einst zusammenfanden, nun aber nicht einmal mehr dieselbe Sprache sprechen.
Das Great Ape Project hätte auf dieser Konferenz als moralisches Feigenblatt getaugt, als intellektueller Farbtupfer in einer Welt aus Selfies und Social-Media-Kampagnen. Stattdessen schwieg man. Kein Wort von GAP, keine Erwähnung, kein Vertreter. Und von Robert Marc Lehmann – ebenfalls nichts. Kein Gruß, kein Statement, keine Klarstellung. In der Szene nennt man so etwas eine „strategische Trennung“. Außenpolitisch freundlich, innerlich endgültig.
PETA – die Organisation, die lieber beleidigt als eingeladen wird
Auch PETA wurde nicht gesehen. Keine Rednerin, kein Banner, kein Hashtag. Dabei versteht sich PETA gern als Speerspitze des globalen Tierrechtskampfes, als moralischer Leuchtturm in einer Welt voller Tierleid – oder zumindest als Blitzableiter für jede Empörung, die Klicks bringt. Dass sie bei einer Konferenz dieser Größenordnung nicht einmal auf der Gästeliste standen, ist bezeichnend. Entweder wollte Lehmann bewusst Distanz zu den Radikalen, oder PETA hatte schlicht keine Lust, in einem Raum voller Konkurrenz zu sitzen, die sich gegenseitig auf die Schulter klopft.
Dabei wäre eine PETA-Teilnahme durchaus spannend gewesen: Das ewige Duell zwischen moralischem Absolutismus und PR-gesteuerter Symbolpolitik. Zwischen nackten Aktivistinnen in Fleischschalen und dem Wissenschaftler mit Tauchlizenz. Zwischen dem Spektakel und der Substanz. Vielleicht war genau das der Grund: Zu viel Sprengstoff für eine Konferenz, die lieber gefällig als gefährlich sein wollte.
Der neue Stil des Aktivismus: gefiltert, geliked, gefällig
Es ist bezeichnend für den Zustand der Bewegung, dass man heute lieber auf Kameras als auf Kontroversen setzt. Der moderne Aktivismus trägt Markenlogo, spricht in Story-Formaten und arbeitet mit Drehplan. Das ist professionell, ja – aber auch steril. Früher rief man „Freiheit für alle Tiere!“, heute heißt es: „Lasst uns vernetzen.“ Zwischen diesen beiden Sätzen liegt die ganze Tragik des modernen Tierschutzes.
Robert Marc Lehmann steht sinnbildlich für diesen Wandel. Er ist kein Ideologe, kein Dogmatiker, sondern ein Image-Profi. Das macht ihn für Sponsoren attraktiv und für Radikale langweilig. PETA und GAP passen da nicht ins Bild – sie polarisieren zu stark, sie riskieren zu viel. Und wo Risiko ist, da droht Kontrollverlust. Den kann man auf YouTube schlecht monetarisieren.
Fazit: Eine große Show mit auffälligen Lücken
Die Natur- und Tierschutzkonferenz war zweifellos professionell organisiert und inhaltlich solide. Sie zeigte, dass Vernetzung wichtig ist und dass viele kleine Initiativen Großes leisten können. Aber sie zeigte auch, was fehlt: der Mut zur Reibung, zur echten Debatte, zur Konfrontation. Ohne PETA, GAP und Goldner bleibt die Bühne harmonisch – und harmlos.
Dass Lehmann ausgerechnet seine alten Weggefährten außen vor ließ, sagt viel über die Richtung aus, in die sich der Aktivismus bewegt. Weg von unbequemen Wahrheiten, hin zu gefälliger Konsenskultur. Weg von Philosophie und Ethik, hin zu Public Relations und Reichweite. Vielleicht ist das die Zukunft – aber sicher nicht die Revolution.
Robert Marc Lehmann wollte die Szene einen. Am Ende hat er sie eher gespalten: in jene, die dazugehören dürfen, und jene, über die man lieber nicht mehr spricht. Und irgendwo zwischen Vorwort und Vergessen sitzt Colin Goldner und schreibt vermutlich an der nächsten Fußnote zur großen Idee, während PETA schon die nächste Fleischskandal-Pressemitteilung plant. Nur Robert Marc Lehmann hat jetzt das perfekte Konferenzfoto – und das ist in dieser Szene bekanntlich alles, was zählt.
Video Robert Marc Lehmann: https://youtu.be/AtfXXhe5kVE?si=pV3Uva_wZy8MpzQg

