Scheinheiligkeit statt Hilfe: Warum Tierrechtsgruppen am echten Tierschutz scheitern

Der Deutsche Tierschutzbund hat in einer aktuellen Pressemitteilung auf die Tötung gesunder Tiere in Zoos aufmerksam gemacht. Diese Praxis ist zweifellos ethisch und gesellschaftlich diskussionswürdig – doch sie offenbart auch eine bemerkenswerte Dynamik innerhalb der Tierschutzdebatte. In den Vordergrund drängen sich nicht die sachlich arbeitenden Tierschutzorganisationen, sondern jene Gruppen, die unter dem Banner der Tierrechte laute, polarisierende Forderungen stellen. Dabei fällt auf: Während diese Akteure gerne den moralischen Zeigefinger heben, bleibt ihr Beitrag zum praktischen Tierschutz erschreckend gering. So engagieren sich viele dieser Gruppen kaum bei konkreten Rettungsaktionen, Tiernotfällen oder in der täglichen Versorgung und Betreuung von Tieren, sondern begnügen sich mit Kampagnen und symbolischen Protesten.

Die Widersprüche der Tierrechtsbewegung

Lautstark, aber inhaltsleer: Die Strategie der Tierrechtler

Die Tierrechtsbewegung gibt sich gern radikal und kompromisslos. Von der sofortigen Schließung aller Zoos über vegane Umerziehung der Bevölkerung bis hin zur juristischen Gleichstellung von Mensch und Tier – das Forderungsspektrum ist breit, laut und plakativ. Doch je extremer die Forderungen, desto geringer die Bereitschaft, sich mit den realen Herausforderungen des praktischen Tierschutzes auseinanderzusetzen.

Ein gutes Beispiel ist die Diskussion um das Wales Ape and Monkey Sanctuary (WAMS), das von der Szene als tierfreundliche Alternative zu klassischen Zoos propagiert wird. Dabei ist völlig unklar, wie es dort tatsächlich um Haltung, Versorgung und Transparenz steht. Statt zu helfen, Tiere unterzubringen oder Konzepte zu erarbeiten, verlieren sich Tierrechtler in öffentlichkeitswirksamen Protestaktionen, wie etwa spektakulären Straßenblockaden vor Zoos oder symbolischen „Trauermärschen“ mit schwarzen Särgen, die mediale Aufmerksamkeit erzeugen sollen – Aufmerksamkeit ja, Lösungen nein.

Gleichzeitig zeigt sich die Bewegung oftmals unfähig, Kompromisse oder realistische Schritte zu formulieren. Die lautstarken Forderungen entbehren meist jeder Praxisnähe. Tiertransporte, medizinische Versorgung, artgerechte Unterbringung – all das sind Themen, zu denen aus der Szene kaum Substanzielles kommt. Wer wirklich helfen will, müsste hier Konzepte liefern. Doch dazu fehlt es an Fachwissen, Wille oder schlichtweg Interesse.

Menschenrechte für Tiere – aber Kastration ohne Widerspruch?

Ein weiteres Beispiel für die Doppelmoral in der Tierrechtsdebatte ist die gängige Praxis der Kastration. Dieselben Gruppen, die lautstark für die rechtliche Gleichstellung von Tieren mit Menschen eintreten, fordern mit ebenso viel Nachdruck die massenhafte, pauschale Kastration von Haustieren, Straßentieren und sogar Zootieren. Eine solche Praxis wäre beim Menschen ein klarer Verstoß gegen fundamentale Menschenrechte – im Tierrecht aber offenbar akzeptabel.

Hier zeigt sich ein eklatanter Widerspruch: Wer Tiere als rechtlich gleichwertig zu Menschen betrachtet, müsste auch deren körperliche Unversehrtheit als unantastbar ansehen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Kastration wird nicht hinterfragt, sondern als moralische Pflicht verklärt. Diese Haltung offenbart eine stark selektive Ethik, die mehr auf Ideologie als auf durchdachte Tierschutzpraxis basiert.

Zudem stellt sich die Frage, ob die Kastration tatsächlich immer im Sinne des Tieres ist – oder ob nicht auch alternative Methoden wie gezielte Hormonbehandlungen, kontrollierte Haltung oder die Trennung nach Geschlechtern sinnvoller und tierfreundlicher wären. Anstatt nachhaltige Konzepte für Populationskontrolle zu erarbeiten, greift man zur einfachsten, aber invasivsten Methode. Dass Tiere dabei verstümmelt werden, spielt offenbar keine Rolle – solange es ins ideologische Gesamtbild passt.

Das Pavianproblem: Empörung statt Lösung

Ein besonders aktueller Fall, der die Hilflosigkeit und Widersprüchlichkeit der Tierrechtsbewegung unterstreicht, ist die Debatte um die Tötung von überzähligen Pavianen. Die öffentliche Empörung war groß – vor allem befeuert durch das Great Ape Project (GAP). Es wurde schnell der Ruf nach einer „tiergerechten Lösung“ laut. Doch wer hoffte, GAP würde nun mit einem konkreten Plan zur Rettung der Paviane aufwarten, wurde bitter enttäuscht.

Stattdessen wurde vorgeschlagen, die Tiere ins WAMS zu bringen – eine Einrichtung, die bislang keinerlei Nachweise für eine artgerechte Haltung oder ausreichende medizinische Versorgung erbracht hat. Experten und Besucher berichten sogar, dass WAMS nicht einmal die Mindestgehegegrößen erfüllt, die GAP selbst an andere Einrichtungen anlegt. Eine ernsthafte Debatte über Alternativen, über Integrationsmöglichkeiten in bestehende Sozialstrukturen oder langfristige Betreuung? Fehlanzeige.

Wer Tiere schützen will, sollte mehr bieten als schlichte Protestparolen. Gerade bei einem so komplexen Thema wie überzähligen, nicht sozial integrierbaren Tieren braucht es Fachwissen, Erfahrung und Verantwortung. Forderungen allein retten keine Tiere – sie schaffen höchstens neue Probleme, wenn sie ohne tragfähige Konzepte umgesetzt werden.

WAMS: Ein Zoo ohne Kontrolle, aber mit moralischem Freifahrtschein

Das Wales Ape and Monkey Sanctuary wird von Tierrechtlern gern als moralische Alternative zu klassischen Zoos angeführt. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Einrichtung als klassisches Auffanglager mit erheblichen Defiziten. Es fehlen standardisierte Kontrollen, öffentlich einsehbare Haltungsberichte, tierärztliche Gutachten – kurzum: jegliche Form von Transparenz, die man sonst bei zoologischen Einrichtungen einfordert.

Besonders problematisch ist die Tatsache, dass WAMS – im Gegensatz zu staatlich regulierten Zoos – keine verbindlichen Auflagen erfüllen muss. Während deutsche Zoos unter regelmäßiger Aufsicht durch Veterinärämter stehen, scheint WAMS weitgehend unbeobachtet zu agieren. Und dennoch wird die Einrichtung vom GAP empfohlen, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, deren Eignung nachzuweisen.

Hinzu kommt: Besucher berichten von überfüllten Gehegen, vernachlässigten Tieren und einem insgesamt maroden Zustand der Anlage. Fotos und Erfahrungsberichte zeichnen ein Bild, das kaum mit dem Anspruch vereinbar ist, ein tierfreundliches Refugium zu sein. So dokumentierte etwa GERATI am 25. Oktober 2023 in einem Artikel, zahlreiche Missstände in WAMS, darunter fehlende Rückzugsmöglichkeiten für Affen, hygienische Defizite in mehreren Gehegen sowie eine mangelhafte tierärztliche Versorgung. Die Vorwürfe stützen sich auf Aussagen ehemaliger Freiwilliger und unabhängiger Besucher. Als Autor des Beitrags habe ich die Informationen sorgfältig recherchiert und mit verfügbaren Quellen abgeglichen. Umso erschreckender ist es, dass Tierrechtler ausgerechnet dieses Projekt als Alternative zur Tötung von Pavianen präsentieren.

Keine Forderungen an die eigenen Reihen

Ein zentrales Problem der Tierrechtsszene ist ihr blinder Fleck in der Selbstkritik. Während Organisationen wie GAP und ihre Unterstützer regelmäßig Forderungskataloge an Zoos, Tierhalter und Politiker richten, bleiben ähnliche Anforderungen an eigene Einrichtungen wie WAMS vollkommen aus. Transparenz, Kontrolle, tierärztliche Versorgung – all das scheint plötzlich keine Rolle mehr zu spielen, wenn es um die eigenen Projekte geht.

Besonders irritierend ist die Rolle von Colin Goldner, einem der führenden Köpfe des Great Ape Project. Er sitzt im Beirat von WAMS und müsste daher eigentlich Interesse daran haben, für Transparenz und Tierschutzstandards zu sorgen. Doch stattdessen verweigert er jegliche Offenlegung – sei es über Gehegegrößen, Tiergesundheit oder medizinische Versorgung. Diese Intransparenz wirft berechtigte Fragen auf und steht im krassen Gegensatz zur sonst so kompromisslosen Rhetorik.

Dass es keinerlei unabhängige Prüfberichte über WAMS gibt, ist symptomatisch für eine Bewegung, die sich lieber moralisch überhöht, als eigene Schwächen zu reflektieren. Solange die Tierrechtsszene mit zweierlei Maß misst, wird sie in glaubwürdiger Tierschutzarbeit keine tragende Rolle spielen können.

Fazit: Moral ohne Verantwortung ist keine Lösung

Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert zu Recht fragwürdige Tötungen in Zoos. Doch wer Tierschutz ernst nimmt, darf sich nicht auf wohlfeile Empörung beschränken. Gerade Tierrechtsgruppen wie das Great Ape Project sollten endlich selbst den Nachweis erbringen, dass ihre „Lösungen“ überhaupt tragfähig sind – sowohl in organisatorischer als auch in ethischer Hinsicht.

Wer Tiere wirklich schützen will, muss sich an objektiven Standards messen lassen. Dazu gehört auch, Transparenz zu schaffen und sich selbst denselben Anforderungen zu unterwerfen, die man von anderen verlangt. Einrichtungen wie WAMS dürfen nicht länger durch ideologische Nibelungentreue vor öffentlicher Kritik geschützt werden.

Tierschutz ist mehr als Empörung, mehr als plakative Forderungen und medienwirksame Auftritte. Er bedeutet auch, tragfähige Lösungen zu entwickeln, Verantwortung zu übernehmen und konkrete Hilfe für Tiere in Not zu leisten – unabhängig davon, ob sie in einem Zoo, einem Tierheim oder in freier Wildbahn leben. Es ist eine Aufgabe, die Fachkenntnis, Verantwortungsbewusstsein und Integrität erfordert. Wer das nicht leisten kann oder will, sollte sich aus der praktischen Debatte heraushalten – im Interesse der Tiere, um die es angeblich geht.

Quellen:

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