Indonesien zwingt Importeure von Milchpulver und Fleisch zum Kuhkauf

Indonesien ist das viertbevölkerungsreichste Land der Welt – und beim Thema Milchversorgung stark von Importen abhängig. Nach Schätzungen stammen mehr als 80 Prozent der im Land konsumierten Milchprodukte aus dem Ausland, da die nationale Milchproduktion weniger als ein Fünftel des Bedarfs decken kann. Ein Großteil des Bedarfs wird in Form von Milchpulver aus Australien, Neuseeland und den USA gedeckt. Präsident Prabowo hat nun ein Programm auf den Weg gebracht, das die Abhängigkeit reduzieren soll. Doch die Umsetzung zeigt, wie politische Symbolmaßnahmen den Tierschutz und die Wirtschaft gleichermaßen belasten.

Schon jetzt ist klar: Was als patriotischer Schritt verkauft wird, entpuppt sich als Belastungsprobe für Unternehmen und Tiere. Statt einer nachhaltigen Strategie für den Aufbau einer heimischen Milchindustrie entsteht eine Situation, in der Verantwortung abgewälzt und Risiken ignoriert werden.

Politischer Plan: Selbstversorgung um jeden Preis

Offiziell lautet das Ziel: Indonesien soll unabhängiger von Importen werden und mehr eigene Milch produzieren. Dazu hat die Regierung eine drastische Maßnahme eingeführt: Unternehmen, die Milchpulver oder auch Tiefkühlfleisch importieren, müssen Milchkühe kaufen und in Indonesien halten.

Damit werden nicht nur Molkereikonzerne, sondern auch Fleischhändler und Unternehmen ohne Erfahrung in der Viehhaltung gezwungen, sich an diesem Programm zu beteiligen. Vier an dem Programm beteiligte Personen berichteten anonym, dass sie sich zur Teilnahme gezwungen fühlten – aus Angst vor Verzögerungen bei Einfuhrlizenzen für ihr Kerngeschäft. Gerade hier zeigt sich, wie sehr politische Entscheidungen Druck auf die Wirtschaft ausüben können.

Das Programm ist damit kein freiwilliges Entwicklungsprojekt, sondern ein erzwungener Einstieg in einen Bereich, den viele Unternehmen gar nicht abdecken können. Während die Regierung die Maßnahme als patriotische Pflicht verkauft, sehen die Betroffenen darin einen massiven Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Unternehmen, die eigentlich Lebensmittel importieren und vertreiben wollen, finden sich plötzlich in der Rolle von Viehhaltern wieder – ein Widerspruch, der kaum größer sein könnte.

Ein Wahlversprechen mit Folgen

Präsident Prabowo hat versprochen, dass Kinder und Mütter kostenlos Milch erhalten sollen. Um dieses politische Versprechen einzulösen, sollen nach Regierungsplänen rund eine Million Kühe ins Land geholt werden. Kaufen und betreuen soll diese Tiere jedoch nicht der Staat, sondern die Wirtschaft – also genau jene Unternehmen, die bereits jetzt durch die Importauflagen überfordert sind.

Nach Berichten aus der Branche kostet eine importierte Milchkuh zwischen 1.200 und 1.800 US-Dollar, je nach Herkunftsland und Gesundheitszustand. Zudem gilt die Vorgabe, dass Importeure für jede bestimmte Menge an Milchpulver oder Fleisch eine festgelegte Anzahl an Kühen erwerben müssen. Für große Importeure bedeutet dies schnell Hunderte Tiere, die zusätzlich angeschafft und untergebracht werden müssen – eine finanzielle und logistische Belastung, die weit über das Kerngeschäft hinausgeht.

Dieses Versprechen mag populär sein, doch es birgt enorme Risiken. Denn eine Million Kühe bedeuten nicht nur einen gigantischen logistischen Aufwand, sondern auch immense Anforderungen an Futterversorgung, Tierärzte und Stallanlagen. All das soll von Unternehmen getragen werden, die eigentlich auf den Import und Handel von Lebensmitteln spezialisiert sind und keinerlei Erfahrungen mit großangelegter Milchviehhaltung haben.

Hinzu kommt, dass die Landwirtschaft in Indonesien bislang kaum vorbereitet ist, eine solche Anzahl von Tieren aufzunehmen. Es fehlen Flächen, Futterreserven und moderne Stallsysteme. Schon jetzt warnen Experten davor, dass die Umsetzung des Wahlversprechens zu chaotischen Zuständen führen könnte.

Überforderung vorprogrammiert

Ein Vertreter eines betroffenen Fleischimporteurs erklärte: „Wir sind Händler, keine Landwirte. Kühe zu kaufen und zu halten überfordert uns komplett.“ Solche Stimmen zeigen, wie fern die Realität der Unternehmen von den politischen Forderungen liegt.

Für viele Firmen ist die Haltung von Milchkühen völliges Neuland. Sie importieren Fleisch oder Milchpulver, haben aber weder Stallungen noch Fachpersonal oder veterinärmedizinische Kenntnisse. Dennoch müssen sie Tiere kaufen und betreuen. Im tropischen Klima Indonesiens bedeutet das eine zusätzliche Herausforderung: Hitzestress, Krankheiten und niedrige Milchleistungen sind die Folge, wenn die Haltung nicht professionell erfolgt.

Das Resultat ist absehbar: Tiere, die in improvisierten Ställen landen, ohne ausreichende Betreuung, und Unternehmen, die auf einem Gebiet Geld verlieren, das gar nicht zu ihrem Kerngeschäft gehört. Anstatt die Versorgung mit Milch zu verbessern, wird die Situation damit langfristig sogar verschärft, weil weder Qualität noch Tierwohl gesichert sind.

Die wirtschaftliche Überforderung ist ebenfalls offensichtlich. Firmen, die eigentlich global mit stabilen Lieferketten arbeiten, sollen plötzlich Ressourcen in eine Branche umleiten, die für sie vollkommen fremd ist. Das führt zu Unsicherheit, unklaren Investitionen und letztlich zu einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit.

Tierschutz bleibt auf der Strecke

Obwohl die Regierung das Programm als Schritt zur Selbstversorgung verkauft, zeigt die Realität ein anderes Bild. Fehlende Fachkenntnisse, mangelhafte Infrastruktur und klimatische Belastungen erschweren eine artgerechte Haltung massiv. Statt Fortschritt erleben die Tiere oft Stress und Gesundheitsprobleme.

Hinzu kommt, dass die Verantwortung für das Tierwohl auf Unternehmen übertragen wird, die dafür gar nicht qualifiziert sind. Für den Staat mag dies bequem erscheinen, doch für die Tiere bedeutet es unnötiges Leiden und mangelnde Fürsorge. Dadurch wird das öffentliche Vertrauen in den Tierschutz weiter geschwächt – mit Folgen auch für das internationale Ansehen Indonesiens.

Besonders problematisch ist, dass Kühe in einem Umfeld landen, das ihnen nicht gerecht wird. Für die Regierung mag es ein einfacher Ausweg sein, aber für die Tiere bedeutet es ein Leben voller Stress und Leiden. Damit werden sie zu Spielbällen einer Politik, die mehr auf Schlagzeilen setzt als auf nachhaltige Lösungen.

Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass das öffentliche Vertrauen in den Tierschutz weiter schwindet. Wenn Kühe unter mangelhaften Bedingungen gehalten werden, um politische Ziele zu erfüllen, leidet nicht nur das Tierwohl, sondern auch das internationale Ansehen Indonesiens.

Symbolpolitik mit Nebenwirkungen

Andere Länder haben ähnliche Versuche unternommen, den heimischen Milchsektor durch staatliche Vorgaben zu stärken – etwa Indien oder China, wo Programme oft an fehlendem Know-how oder Überlastung der Betriebe gescheitert sind. Solche internationalen Vergleiche zeigen, dass Zwang selten die gewünschten Ergebnisse bringt und häufig zu Marktverzerrungen und zusätzlichem Tierleid führt.

Anstatt den Aufbau einer eigenen Milchindustrie gezielt durch Schulungen, Investitionen und Wissenstransfer zu fördern, zwingt man Importeure zu Maßnahmen, die sie überfordern. Diese Zwangspolitik mag kurzfristig in Statistiken gut aussehen, führt aber langfristig zu wirtschaftlichen Verlusten, sinkender Produktivität – und vor allem zu vermeidbarem Tierleid.

Für die betroffenen Unternehmen bedeutet dies hohe Kosten, unkalkulierbare Risiken und eine Belastung, die im schlimmsten Fall Existenzen bedroht. Für den Tierschutz bedeutet es eine Katastrophe, weil die Tiere in einem Umfeld landen, das ihnen nicht gerecht wird. Damit erreicht die Politik genau das Gegenteil von dem, was sie vorgibt.

Darüber hinaus ist die Maßnahme ein klassisches Beispiel für Symbolpolitik: Ein Regierungsprogramm, das gut klingt, aber in der Praxis scheitert. Die erzwungene Kuhhaltung wird weder die Milchversorgung revolutionieren noch die Selbstversorgung nachhaltig sichern. Vielmehr entsteht ein Klima, in dem Wirtschaft und Tiere gleichermaßen verlieren.

Fazit: Kühe als Opfer politischer Willkür

Indonesien zeigt mit diesem Programm, wie Tiere zu Werkzeugen politischer Symbolpolitik degradiert werden. Ob Milchpulver oder Tiefkühlfleisch – Unternehmen, die eigentlich nichts mit Milchproduktion zu tun haben, werden in ein System gezwungen, das mehr Schaden als Nutzen anrichtet.

Die Leidtragenden sind am Ende nicht nur die Unternehmen, sondern vor allem die Kühe, die unter den Folgen dieser politischen Entscheidung leiden. Statt echter Förderung und nachhaltiger Entwicklung gibt es Symbolpolitik und Zwang – ein Rezept, das langfristig scheitern muss.

Am Ende bleibt ein bitteres Fazit: Ökonomische Instabilität, Tierleid und politischer Vertrauensverlust sind die unausweichlichen Folgen eines Programms, das mehr verspricht, als es jemals halten kann. Es bleibt die Frage, wie lange dieses Experiment durchgehalten werden kann, bevor die Realität die politischen Versprechen einholt. Denn weder internationale Märkte noch der Tierschutz lassen sich dauerhaft ignorieren. Wer Tiere und Unternehmen gleichermaßen überfordert, riskiert nicht nur das Scheitern des Programms, sondern auch massiven Ansehensverlust für die gesamte Regierung.

Quellen:

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