Verwahrloste Seelen, stille Helden: Das Tierheim Felsberg-Beuern kämpft ums Überleben

Immer mehr Tiere in Not – und zu wenig Hilfe

Inmitten der idyllischen Landschaft Nordhessens, zwischen Feldern und kleinen Ortschaften, spielt sich ein stilles Drama ab, das im hektischen Alltag der meisten Menschen kaum Beachtung findet: Immer mehr verwahrloste Tiere landen im Tierheim „Ein Heim für Tiere“ in Felsberg-Beuern. Spaziergänger genießen das Landleben, während die Helferinnen und Helfer vor Ort tagtäglich gegen die Folgen von Tiervernachlässigung und Misshandlung kämpfen – bei Haus- wie bei Nutztieren.

Tierleid in Serie: Ein wachsender Trend, der erschüttert

Der Vereinsvorsitzende Ralf Pomplun schlägt Alarm: Die Zahl verwahrloster Tiere im Tierheim ist in den vergangenen zwei bis drei Jahren kontinuierlich gestiegen. Was früher Einzelfälle waren, ist längst zur bitteren Regel geworden. Besonders betroffen sind Katzen und Hunde – teils ausgesetzt, teils von Nachbarn gemeldet. Doch auch Ponys und Schafe landen zunehmend in katastrophalem Zustand im Heim: ausgemergelte Körper, verfilztes Fell, entzündete Augen, offene Wunden. Ein besonders erschütternder Fall war ein Hund, der stark unterernährt und mit einem eingewachsenen Halsband gefunden wurde.

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig: Soziale Unsicherheit, finanzielle Notlagen, Überforderung und mangelndes Verantwortungsbewusstsein spielen eine Rolle. Haustiere, einst mit besten Absichten aufgenommen, werden zur Belastung, wenn sich die Lebensumstände verändern. Einige geben ihre Tiere ab, andere lassen sie sich selbst überlassen. Oft ist es dem Zufall oder aufmerksamen Nachbarn zu verdanken, dass Hilfe überhaupt noch rechtzeitig kommt.

Das stille Drama hinter verschlossenen Türen

Die Tierhalter, die ihre Tiere in Not bringen – sei es absichtlich oder aus purer Verzweiflung – stammen häufig aus prekären Lebenssituationen. Tierarztkosten sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Futter, Pflegemittel und Medikamente belasten das Haushaltsbudget zusätzlich. Wer von Sozialleistungen lebt oder mit einem geringen Einkommen auskommen muss, steht schnell vor der Wahl: eigene Bedürfnisse oder das Wohl des Tieres?

Viele Menschen fürchten sich zudem vor Konsequenzen oder schämen sich, ihre Situation offen zu legen. So landen viele Tiere erst viel zu spät im Tierheim. In manchen Fällen greift das Veterinäramt ein und bringt die Tiere in Sicherheit. Dort beginnt für die Tiere ein langer Weg der Genesung – medizinisch wie emotional.

Piccolino und Strolch: Zwei Ponys, zwei Geschichten, eine Botschaft

Ein besonders eindrückliches Beispiel für die engagierte Arbeit des Tierheims sind die Ponys Piccolino und Strolch. Völlig entkräftet, dehydriert und voller Schmerzen wurden sie in letzter Minute gerettet. Ihr Zustand war lebensbedrohlich. Das Team des Tierheims reagierte sofort und ermöglichte mit tierärztlicher Hilfe, Fürsorge und Geduld eine eindrucksvolle Genesung.

Heute sind die beiden nicht nur wieder gesund, sondern wirken aktiv als sogenannte „Tierbotschafter“. Sie besuchen Kindergärten und Schulen, wo sie Kindern anschaulich vermitteln, was Verantwortung, Empathie und Tierliebe bedeuten. Ihre Geschichte zeigt, wie viel mit Zuwendung möglich ist – und dass Prävention beim Bewusstsein beginnt.

Die Versorgung von Piccolino und Strolch ist jedoch teuer: Rund 700 Euro monatlich werden benötigt – für Futter, Hufpflege, Stallmiete und medizinische Betreuung. Zusätzliche Sonderkosten können diesen Betrag schnell steigen lassen. Umgerechnet bedeutet das: Bereits 35 Patinnen oder Paten mit je 20 Euro monatlich würden die Grundversorgung sichern.

Tierschutz kostet – und braucht jede Form der Unterstützung

Entgegen weit verbreiteter Annahmen erhalten Tierheime kaum staatliche Hilfe. Das Tierheim Felsberg-Beuern finanziert sich primär durch Fundtierverträge mit 19 Kommunen, durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Patenschaften und ehrenamtliches Engagement. Die Gesamtkosten belaufen sich jährlich auf einen sechsstelligen Betrag.

Jede Unterstützung zählt: Eine Patenschaft ab fünf Euro monatlich, eine einmalige Spende oder Zeit für ehrenamtliche Hilfe. Sei es beim Gassigehen, beim Füttern, Streicheln oder bei Veranstaltungen – ohne freiwillige Helferinnen und Helfer wäre der Betrieb nicht aufrechtzuerhalten.

Nicht wegsehen – sondern Verantwortung übernehmen

„Wenn Sie das Gefühl haben, dass ein Tier leidet, handeln Sie!“, so Pomplun. „Eine kurze Nachricht an das Veterinäramt oder direkt ans Tierheim kann Leben retten. Und das auch anonym.“

Tiere können nicht sprechen. Sie brauchen Menschen, die hinsehen, hinhören und handeln. Es geht nicht um Anprangern, sondern um Verantwortung – gesellschaftlich und individuell. Wer Tiere liebt, muss auch für sie einstehen.

Ein Appell an Herz und Verstand

Der Fall von Piccolino und Strolch ist ein Symbol für eine schleichende Krise. Wenn selbst Ponys in Deutschland verwahrlosen, ist es Zeit zu handeln. Tierschutz darf kein Randthema sein. Er ist Ausdruck unserer Menschlichkeit.

Das Tierheim Felsberg-Beuern beweist, dass mit Engagement, Empathie und Ausdauer viel erreicht werden kann. Doch die Belastungsgrenze ist erreicht. Es braucht mehr Menschen, die mit anpacken, spenden oder zumindest nicht wegsehen.

Schauen Sie nicht weg – helfen Sie mit!

Weitere Informationen, Spenden- und Patenschaftsmöglichkeiten finden Sie unter: https://tierheim-beuern.com/

Quellen:

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