Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Spenden sind ein wesentlicher Bestandteil der Finanzierung gemeinnütziger Organisationen. Viele Menschen möchten sicherstellen, dass ihre Beiträge verantwortungsvoll und zweckgebunden verwendet werden. Doch wie transparent sind gemeinnützige Organisationen tatsächlich? In Deutschland gibt es verschiedene Mechanismen zur Kontrolle von Spendenorganisationen, darunter das DZI-Spendensiegel und steuerliche Vorschriften. Doch unsere Recherchen zeigen: Wenn man kritisch hinterfragt, stößt man schnell auf Hürden.
Besonders das Steuergeheimnis wird als Begründung herangezogen, um Informationen über gemeinnützige Organisationen zurückzuhalten. Auch Institutionen wie das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das offiziell von der Bundesregierung empfohlen wird, erweisen sich nicht immer als verlässliche Quelle. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Realität der Spenden-Transparenz in Deutschland und die Schwierigkeiten, mit denen kritische Recherchen konfrontiert werden.
Spendenverdopplungskampagnen: Wer verdoppelt eigentlich die Spende?
In den letzten Jahren haben sich Spendenverdopplungskampagnen bei gemeinnützigen Organisationen stark verbreitet. Dabei wird oft damit geworben, dass jede Spende von einem nicht näher genannten „Verdoppler“ aufgestockt wird. Doch wer steckt dahinter? Gibt es klare Vorschriften zur Offenlegung solcher Spender?
Ein Beispiel ist die Spendenkampagne von PETA Deutschland, die von Oktober bis November 2024 lief. Laut PETA wurden vor der Verdoppelung 996.545 € an Spenden generiert. Die Verdoppelung war laut PETA auf 850.000 € beschränkt, was eine Gesamtspendensumme von 1.846.545 € ergeben hätte.
Besonders PETA steht häufig in der öffentlichen Kritik. Berichte von ehemaligen Mitarbeitern, Medienberichte sowie Untersuchungen von Tierschutzorganisationen werfen Fragen zur tatsächlichen Verwendung der Spendenmittel auf. Die Organisation gibt selbst an, 90% der Tiere, die in ihre Obhut kommen, zu töten, anstatt sie in Tierheime zu vermitteln. Zudem sind ihre transparenten Ausgaben fragwürdig: Mehr als 80% der Spendeneinnahmen fließen in Lohnkosten und Werbung für die Marke PETA, statt in den Tierschutz. Eine solche Mittelverwendung könnte in Deutschland möglicherweise als gemeinnützigkeitsschädlich betrachtet werden.
Jährlich veranstaltet PETA eine Spendenkampagne, bei der eine Spendenverdopplung versprochen wird, ohne dass der Verdoppler explizit genannt wird. Dies wirft Fragen auf:
- Ist diese Praxis mit den Anforderungen an Transparenz vereinbar?
- Dürfen gemeinnützige Organisationen ungenannte Spender nutzen, um Spendenaufrufe attraktiver zu machen?
- Welche Kontrollmechanismen existieren für solche Kampagnen?
Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, haben wir Presseanfragen an das DZI, die Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ) und das Finanzamt Stuttgart gestellt. Die Ergebnisse sind ernüchternd.
Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI): Totale Funkstille
Das DZI wird von der Bundesregierung explizit als Orientierungshilfe für Spender empfohlen. Es bewertet Organisationen und vergibt das DZI-Spendensiegel an geprüfte Organisationen. Doch was passiert, wenn man Informationen über eine große Organisation wie PETA Deutschland sucht?
Unsere Presseanfrage an das DZI umfasste drei zentrale Fragen:
- Wie bewertet das DZI die Praxis der Spendenverdopplung ohne Offenlegung des Verdopplers?
- Warum ist PETA Deutschland e.V. nicht in der DZI-Datenbank zu finden, obwohl sie als eine der größten Tierrechtsorganisationen agiert?
- Gibt es Empfehlungen des DZI zur Förderung von Transparenz bei Spendenaktionen?
Das Ergebnis: keine Antwort. Es ist unklar, ob das DZI bewusst auf kritische Anfragen nicht reagiert oder ob interne Richtlinien verhindern, dass solche Anfragen beantwortet werden. Die fehlende Rückmeldung wirft jedoch Fragen zur Transparenz und Relevanz der Organisation als unabhängige Kontrollinstanz auf. Trotz einer klaren Fristsetzung blieb die Presseanfrage unbeantwortet. Dies ist besonders bemerkenswert, da das DZI regelmäßig als vertrauenswürdige Instanz dargestellt wird.
Spendern wird geraten, sich bei der Wahl einer Organisation an dieser Institution zu orientieren – doch wenn keine Informationen zu bestimmten Organisationen vorliegen oder Anfragen ignoriert werden, stellt sich die Frage: Wie zuverlässig ist das DZI wirklich?
Die Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ): Eine Teilerklärung, aber keine Kontrolle
Wir haben das ITZ in einer Presseanfrage kontaktiert, da PETA explizit auf der Spendenseite, direkt neben den Zahlungsmöglichkeiten, das ITZ-Siegel präsentiert. Das ITZ-Siegel steht jedoch nur für eine Selbstverpflichtung zur Transparenz und beinhaltet keine unabhängige Kontrolle. Organisationen können also beliebige Angaben machen, ohne dass das ITZ den Wahrheitsgehalt überprüft.
Im Gegensatz zum DZI hat das ITZ auf unsere Anfrage geantwortet. Die Antwort war klar: Das ITZ ist kein Kontrollsiegel, sondern lediglich eine Selbstverpflichtung. Das bedeutet, Organisationen übernehmen selbst die Verantwortung für ihre Transparenz, ohne dass eine externe Kontrolle stattfindet.
Das ITZ bestätigte zudem, dass Spender:innen erst dann namentlich genannt werden müssen, wenn ihre Spende mehr als 10% der Gesamteinnahmen übersteigt. Angesichts der jährlichen Spenden von über 35 Millionen Euro bei PETA müssten also nur Spenden ab 3,5 Millionen Euro namentlich aufgeführt werden – eine Zahl, die kaum erreicht wird.
Das Finanzamt Stuttgart: Steuergeheimnis als Schutzschild
Um herauszufinden, welche rechtlichen Grundlagen für Spendenverdopplungskampagnen gelten, haben wir eine Presseanfrage an das Finanzamt Stuttgart gerichtet.
Die Antwort, die uns nach über 3 Monaten zugestellt wurde: Ein Verweis auf § 30 der Abgabenordnung (AO) – das Steuergeheimnis. Diese Argumentation ist in diesem Fall problematisch, da es sich um allgemeine Fragen zur steuerlichen Handhabung von Spendenkampagnen handelt, die keine spezifischen Steuerdaten von Organisationen betreffen. In anderen Ländern, wie Norwegen, sind steuerliche Informationen über gemeinnützige Organisationen transparenter einsehbar, was eine öffentliche Kontrolle erleichtert. Es stellt sich daher die Frage, ob in Deutschland eine Reform des Steuergeheimnisses notwendig wäre, um mehr Transparenz im gemeinnützigen Sektor zu schaffen. Eine inhaltliche Antwort wurde nicht gegeben.
Doch ist das gerechtfertigt? Gemeinnützige Organisationen erhalten steuerliche Vorteile und werden somit indirekt durch die Gesellschaft finanziert. Es stellt sich die Frage, ob das Steuergeheimnis für gemeinnützige Organisationen überhaupt in dieser Form gelten sollte.
Fazit: Fehlende Transparenz trotz öffentlicher Förderung
Unsere Recherche zeigt: Wer Antworten zu Spendenpraktiken sucht, stößt auf Hindernisse.
- Das DZI verweigert jegliche Antwort.
- Das ITZ betont, dass es sich nicht um eine Kontrollinstanz handelt.
- Das Finanzamt verweist auf das Steuergeheimnis und bleibt Antworten schuldig.
Ohne Transparenz bleibt die Frage: Wer kontrolliert eigentlich die Kontrolleure?
GERATI bleibt dran
Unsere Recherchen sind nicht abgeschlossen. Wir planen weitere Anfragen an relevante Institutionen zu stellen, darunter auch an das Bundesfinanzministerium, um eine offizielle Einschätzung zur rechtlichen Lage von Spendenverdopplungskampagnen zu erhalten. Wir haben auf die Antwort des Finanzamts Stuttgart eine weitere Anfrage gestellt und werden über die Entwicklungen berichten.
Gesendete E-Mail an das Finanzamt Stuttgart vom 04.02.2025:
Betreff: Bitte um Kopie meiner Presseanfrage vom 09.10.2024
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 09.10.2024 habe ich über Ihr Kontaktformular eine Presseanfrage eingereicht. Ich hatte angenommen, dass mir eine Kopie meiner Anfrage mit der Eingangsbestätigung übermittelt wird. Da dies nicht der Fall war und ich davon ausging, die Anfrage automatisch zu erhalten, habe ich keine separate Speicherung vorgenommen.
Ich bitte Sie daher, mir eine Kopie oder eine Zusammenfassung des Inhalts meiner ursprünglichen Anfrage zu übermitteln. Die Übermittlungs-ID lautet 9914:3030266.
Sachverhalt und Fragestellung
Meine Anfrage war neutral und allgemein gehalten. Ich habe lediglich einen Link zu einer Spendenkampagne von PETA Deutschland als Beispiel eingefügt. Sollte meine Anfrage tatsächlich neutral formuliert gewesen sein, dürfte § 30 AO (Steuergeheimnis) nicht zur Anwendung kommen.
Konkret interessierte mich, auf welche rechtlichen Grundlagen sich das Finanzamt bei Spendenverdopplungskampagnen stützt – insbesondere in Fällen, in denen der „Verdoppler“ nicht benannt wird.
Da solche Kampagnen potenziell zu einer irreführenden Darstellung führen können, ist dieses Thema von öffentlichem Interesse. Es betrifft insbesondere Bürger, die auf solche Spendenaufrufe reagiert haben oder dies in Zukunft tun könnten.
Relevanz und rechtlicher Rahmen
In den vergangenen Jahren sind vermehrt Spendenkampagnen gemeinnütziger Vereine zu beobachten, die zum Jahresende mit einer „Spendenverdopplung“ werben – ohne Nennung des Verdopplers. Besonders Tierrechtsorganisationen nutzen diese Art von Kampagnen.
Daher stellt sich die Frage, welche rechtlichen Vorgaben für gemeinnützige Vereine im Zusammenhang mit Spendenkampagnen bestehen und ob Kampagnen mit nicht benannten Verdopplern steuer- oder verbraucherschutzrechtlich als problematisch einzustufen sind.
Möglicherweise relevante gesetzliche Vorschriften:
- § 263 StGB (Betrug) – Falls Spender durch unzutreffende oder irreführende Angaben zu Spenden verleitet werden.
- § 123 BGB (Anfechtung wegen Täuschung) – Falls eine Spende unter Vorspiegelung falscher Tatsachen geleistet wurde.
- § 5 UWG (Irreführende Werbung) – Falls eine gemeinnützige Organisation unklare oder falsche Angaben über Spendenverdopplungen macht.
- § 826 BGB (Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung) – Falls eine Organisation bewusst täuscht, um sich auf Kosten Dritter zu bereichern.
Da die Finanzverwaltung für die steuerliche Beurteilung solcher Kampagnen zuständig ist, besteht ein berechtigtes Interesse an einer klaren und transparenten Stellungnahme des Finanzamts.
Rechtliche Grundlage für meine Anfrage:
- § 29 VwVfG (Akteneinsichtsrecht) – Falls meine Anfrage als verwaltungsrechtlich relevante Anfrage gewertet wird.
- LIFG BW (Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg) – Falls meine Anfrage eine allgemeine behördliche Information betrifft.
- § 4 LPG BW (Landespressegesetz Baden-Württemberg) – Falls meine Anfrage unter das Presseauskunftsrecht fällt.
Ich bitte um eine zeitnahe Rückmeldung bis zum 18.02.2025. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen,
Silvio Harnos