Boykott gegen die Türkei: Jens Waldingers Angst ums Geschäft mit Auslandshunden

Wenn Tierschutz zur Eigenwerbung wird

Ein Aufruf, der mehr über den Absender verrät als über das Ziel: Der Protest von Jens Waldinger zeigt, wie wirtschaftliche Interessen im Mantel des Tierschutzes verborgen werden können. Hinter der Fassade moralischer Empörung verbirgt sich ein Geschäftsmodell, das nun ins Wanken gerät.

In den sozialen Medien ruft Jens Waldinger, Vorsitzender des Vereins Einfach Tierschutz e.V., aktuell zum Boykott von Türkeireisen auf. Anlass ist eine Gesetzesänderung in der Türkei, die ab 2026 vorsieht, dass nur noch staatliche Tierheime Tiere an neue Besitzer vermitteln dürfen. Waldinger bezeichnet diesen Schritt als „Grausamkeit“ und „Todesurteil“ für unzählige Straßenhunde. Doch ein genauer Blick auf die Fakten zeigt: Der Boykottaufruf ist weniger Ausdruck echter Empörung über Tierschutzprobleme, sondern vielmehr Ausdruck der Angst, ein lukratives Geschäftsmodell zu verlieren.

Die neue Gesetzeslage in der Türkei

Die Reform der türkischen Tierschutzgesetzgebung hat international für großes Aufsehen gesorgt. Befürworter loben den Versuch, Ordnung und Transparenz in das Tiervermittlungswesen zu bringen, während Kritiker einen Eingriff in die Arbeit privater Tierschützer sehen.

Ein landesweites Tiervermittlungsmonopol

Im Jahr 2024 verabschiedete die türkische Regierung ein weitreichendes Gesetzespaket zum Umgang mit Streunertieren. Ziel ist es, die rund vier Millionen Straßenhunde bis 2028 in kommunale Tierheime zu überführen. Anfang 2025 folgte eine Durchführungsverordnung, die festlegt, dass ab 2026 ausschließlich staatliche bzw. kommunale Tierheime (hayvan bakımevleri) Tiere an neue Halter vermitteln dürfen.

Private Tierschützer und Vereine dürfen zwar weiterhin Tiere aufnehmen, allerdings nicht mehr selbst weitervermitteln. Die Tiere verbleiben dauerhaft in der Obhut dieser Einrichtungen – eine Weitergabe an Dritte ist verboten. Wer künftig ein Tier adoptieren möchte, muss dies über ein staatlich anerkanntes Tierheim tun. Dieses Vorgehen dient der lückenlosen Registrierung und soll den unkontrollierten Tierhandel eindämmen.

Gründe für die Verschärfung

Hintergrund der Maßnahme sind massive Probleme mit illegalem Tierhandel und unkontrollierter Auslandstiervermittlung. In den vergangenen Jahren florierte in der Türkei – wie auch in Osteuropa – ein regelrechter Markt für Straßenhunde. Viele Tiere wurden von sogenannten „Tierschutzorganisationen“ aufgekauft, exportiert und in westeuropäischen Ländern teuer weitervermittelt. Offiziell als Rettungsaktionen deklariert, entpuppten sich manche dieser Strukturen als Profitgeschäfte auf Kosten der Tiere.

Mit der neuen Regelung will die türkische Regierung sicherstellen, dass keine Tiere mehr in inoffiziellen Kanälen verschwinden. Jede Adoption muss dokumentiert und behördlich genehmigt werden – ein Schritt, der Transparenz schaffen und Missbrauch verhindern soll.

Jens Waldinger und sein Geschäftsmodell

Jens Waldinger präsentiert sich als engagierter Retter von Straßentieren und nutzt seinen Verein Einfach Tierschutz e.V. für die Organisation von Tiervermittlungen – vor allem aus Osteuropa. Der Verein betreibt in Rumänien den „Phoenix Shelter“, wo Hunde aufgenommen, medizinisch versorgt und anschließend nach Deutschland vermittelt werden. Für jede Adoption wird eine Schutzgebühr von mehreren Hundert Euro verlangt, die offiziell den Betrieb des Tierheims finanzieren soll.

Mit der türkischen Gesetzesänderung gerät dieses Konzept jedoch unter Druck: Wenn künftig keine Tiere mehr direkt durch private Vereine aus der Türkei vermittelt werden dürfen, bricht eine Einnahmequelle weg. Waldingers lautstarker Boykottaufruf wirkt daher weniger wie idealistischer Protest, sondern eher wie der Versuch, ein bedrohtes Geschäftsmodell zu verteidigen.

Auslandstierschutz oder Tierhandel?

Während Waldinger in seinen Videos von „Tötungslagern“ und „Massensterben“ spricht, blendet er die eigentlichen Missstände im Auslandstierschutz aus. Viele seiner eigenen Transporte standen in der Vergangenheit in der Kritik: unklare Herkunft der Tiere, fehlende Dokumente, mangelhafte Quarantänebedingungen. Der vermeintliche „Tierschutz“ entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als emotional vermarktetes Geschäftsmodell, das auf Spenden und Gebühren basiert.

Die türkische Regierung hat diesem Geschäftsgebaren nun einen Riegel vorgeschoben – und genau das ist der wahre Kern von Waldingers Empörung.

Warum die türkische Regierung handeln musste

Nicht alle Beobachter sehen die türkische Reform positiv. Einige Tierschutzgruppen und unabhängige Experten warnen davor, dass die neuen Regeln zu einer Überfüllung staatlicher Tierheime führen könnten. Sie befürchten, dass mangelnde Kapazitäten zu einer höheren Euthanasierate führen. Andere wiederum argumentieren, dass die Türkei dringend handeln musste, um Missstände zu beenden und den wachsenden Problemen durch streunende Tiere Herr zu werden.

Ein Land am Limit

Die Türkei steht seit Jahren vor einem gewaltigen Problem mit Straßenhunden. In vielen Regionen leben Rudel mit Dutzenden von Tieren, es kommt regelmäßig zu Angriffen auf Menschen. Allein in den Jahren 2022 bis 2024 wurden laut offiziellen Statistiken über 50.000 Beißvorfälle registriert – einige davon tödlich. Gemeinden stehen unter erheblichem Druck, die Situation in den Griff zu bekommen.

Die neue Regelung soll Ordnung schaffen:

  • Jede Kommune ist verpflichtet, ein Tierheim zu betreiben oder sich an einem regionalen Verbund zu beteiligen.
  • Alle Tiere müssen registriert und gechippt werden.
  • Privatpersonen und Vereine dürfen nur noch unter Aufsicht Tiere aufnehmen, aber keine Vermittlung mehr durchführen.

Damit wird nicht nur der illegale Tierhandel eingedämmt, sondern auch die Verantwortung klar geregelt.

Internationale Kritik und westliche Doppelmoral

Zwar üben Tierschutzorganisationen Kritik an den neuen Vorschriften, doch diese Kritik ist oft scheinheilig. Viele der lautesten Stimmen stammen von Akteuren, die selbst von der unregulierten Tiervermittlung profitieren. Während westliche Länder ihre eigenen Gesetze zur Tieradoption und Quarantäne verschärfen, wird der Türkei vorgeworfen, sie wolle den „Auslandstierschutz zerstören“. Tatsächlich schafft Ankara jedoch erstmals ein gesetzlich geregeltes System, das Transparenz und Kontrolle ermöglicht.

Der Boykottaufruf: Panik statt Prinzipien

Propaganda gegen Reformen

Waldinger nutzt den Boykottaufruf als Bühne, um sich selbst als moralische Instanz zu präsentieren. In seinem Video appelliert er an Emotionen, spricht von „Grausamkeit“ und „staatlicher Tierquälerei“ – ohne die tatsächlichen Inhalte der Gesetzesänderung korrekt darzustellen. Dass die Verordnung unter anderem auch die massenhafte illegale Ausfuhr von Hunden nach Deutschland verhindert, erwähnt er mit keinem Wort.

Angst vor dem Verlust der Einnahmen

Hinter dem emotionalen Aufschrei steckt ein handfestes Motiv: Geld. Der Handel mit Auslandshunden ist für viele Vereine ein lukratives Geschäft. Für jeden vermittelten Hund fließen zwischen 300 und 600 Euro „Schutzgebühr“ – bei mehreren hundert Tieren im Jahr summiert sich das auf ein beachtliches Einkommen. Fällt die Türkei als Quelle weg, schrumpfen die Einnahmen drastisch. Der Boykott ist somit weniger ein Akt des Tierschutzes als ein Versuch, politischen Druck im eigenen wirtschaftlichen Interesse aufzubauen.

Fazit: Moralische Entrüstung mit Eigennutz

Am Ende bleibt die Frage: Geht es hier wirklich um Tierschutz oder um den Schutz eines lukrativen Systems? Wer Tiere liebt, sollte nicht nur auf Empörung setzen, sondern auf nachhaltige Verantwortung. Vielleicht ist es an der Zeit, genauer hinzusehen, wem solche Boykottaufrufe tatsächlich nützen.

Die türkische Regierung hat mit der neuen Regelung eine klare Linie gezogen: Schluss mit undurchsichtiger Auslandstiervermittlung, Schluss mit dem Geschäft auf Kosten der Tiere. Während offizielle Stellen die Kontrolle übernehmen, geraten dubiose Vereine unter Druck – darunter offenbar auch Einfach Tierschutz e.V..

Jens Waldingers Boykottaufruf entpuppt sich bei genauer Betrachtung nicht als Protest aus Mitgefühl, sondern als Verteidigungsreaktion eines Mannes, der sein Geschäftsmodell bedroht sieht. Wer Tiere wirklich schützen will, sollte Transparenz und klare Strukturen begrüßen – nicht bekämpfen.

Quellen:

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