Inhaltsverzeichnis
Der geplante Wolfsabschuss Cuxhaven sorgt derzeit für hitzige Diskussionen. Während Landwirte den Verlust zahlreicher Nutztiere beklagen, sehen Tierschützer im staatlich angeordneten Abschuss einen gefährlichen Präzedenzfall. Das Verwaltungsgericht Stade hat nun entschieden, die Abschussgenehmigung des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vorerst zu stoppen. Der Fall zeigt, wie stark in Deutschland die Fronten zwischen Naturschutz, Landwirtschaft und Behörden verhärtet sind.
Streit um den Abschussbefehl
Nach mehreren Wolfsrissen im Landkreis Cuxhaven ordnete der NLWKN am 17. Oktober 2025 eine sogenannte Ausnahmegenehmigung zur „Wolfsentnahme“ an. Die Regelung war befristet auf 21 Tage und galt in einem Radius von 1.000 Metern rund um betroffene Weideflächen. Für betroffene Tierhalter sollte dies schnelle Abhilfe schaffen. Doch Tierschützer reagierten prompt – und erfolgreich.
Die Naturschutzinitiative, ein Verein mit Sitz in Rheinland-Pfalz, stellte einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Stade. Ziel war es, die Tötung des Wolfes zu verhindern, bis über die Rechtmäßigkeit der Genehmigung entschieden ist. Das Gericht folgte dieser Argumentation und erließ einen Hängebeschluss: Bis zu einer endgültigen Entscheidung darf der Wolf nicht getötet werden.
Warum der Abschuss überhaupt geplant war
Die Genehmigung basierte auf einer Reihe von Angriffen, die im September und Oktober gemeldet wurden. Nach Angaben des Wolfsbeauftragten der Landesjägerschaft Niedersachsen gab es insgesamt 16 bestätigte Vorfälle. Dabei wurden 36 Nutztiere – Schafe, Rinder und sogar ein Pferd – getötet, weitere 36 verletzt. Die Bilanz zeigt, dass der Konflikt zwischen Wolfs- und Weidetierschutz längst keine theoretische Debatte mehr ist.
Landwirte sehen sich zunehmend machtlos, denn der Herdenschutz verursacht hohe Kosten und ist auf großen Flächen kaum lückenlos möglich. Für sie schien der Abschuss die einzige schnelle Lösung. Doch aus Sicht der Tierschützer steht fest: Der Tod eines Wolfes verhindert keine weiteren Angriffe. „In dem Moment, wo ein Wolf entnommen wird, rückt ein neuer nach“, so eine Sprecherin der Naturschutzinitiative. Diese Argumentation überzeugt auch juristisch, denn eine einmal getötete geschützte Tierart kann nicht wieder lebendig gemacht werden – und genau hier greift das Vorsorgeprinzip des Hängebeschlusses.
Recht und Ethik im Konflikt
Der Fall Wolfsabschuss Cuxhaven zeigt exemplarisch, wie komplex das Zusammenspiel von Tierschutzrecht, Landwirtschaft und öffentlicher Sicherheit ist. Der NLWKN steht unter Druck, schnell zu handeln, um wirtschaftliche Schäden zu vermeiden. Gleichzeitig muss jede Entscheidung den strengen Vorgaben des Artenschutzes genügen. Der Wolf ist nach EU-Recht streng geschützt – Eingriffe dürfen nur im Ausnahmefall erfolgen.
Das Gericht betonte in seinem Beschluss, dass vorerst keine „vollendeten Tatsachen“ geschaffen werden dürfen. Der Hängebeschluss ist somit kein endgültiges Urteil, sondern eine Vorsichtsmaßnahme, die sicherstellt, dass keine irreversible Handlung erfolgt, bevor die rechtliche Prüfung abgeschlossen ist. Ob der Wolf am Ende tatsächlich verschont bleibt, hängt vom Ausgang des Hauptverfahrens ab.
Fazit
Der Wolfsabschuss Cuxhaven bleibt ein Symbol für die wachsenden Spannungen zwischen Mensch und Natur. Während Landwirte um ihre Existenz kämpfen, pochen Naturschützer auf das Recht jedes Wildtieres zu leben. Das Verwaltungsgericht Stade hat mit seiner Entscheidung ein deutliches Signal gesetzt: Der Schutz des Lebens steht über vorschneller Reaktion. Ob dies langfristig den Konflikt löst oder nur verschiebt, wird sich zeigen – doch eines steht fest: Der Streit um den Wolf wird Deutschland noch lange beschäftigen.
Quellen:
- Stern – Hängebeschluss: Gericht stoppt vorerst Wolfsabschuss im Landkreis Cuxhaven – https://www.stern.de/gesellschaft/regional/niedersachsen-bremen/haengebeschluss–gericht-stoppt-vorerst-wolfsabschuss-im-landkreis-cuxhaven-36165424.html
- GERATI – Herdenschutz vor Wölfen in NRW: Ein notwendiger Schutz oder nur ein Placebo? – https://gerati.de/2024/11/15/herdenschutz-vor-wolfen-in-nrw-112024/
