Tierhaltungslogo erneut verschoben – und niemand wundert sich mehr

Wenn es um Transparenz beim Fleischkauf geht, schafft es die Politik zuverlässig, aus einer einfachen Idee ein jahrelanges Verwaltungsmonster zu formen. Das staatliche Tierhaltungslogo, seit Jahren als großer Durchbruch angekündigt, wird nicht – wie zuletzt versprochen – 2026 kommen. Nein, jetzt soll es frühestens 2027 so weit sein. Ein weiteres Kapitel aus dem politischen Lehrbuch: „Wie man aus einer simplen Kennzeichnung eine Endlosbaustelle macht“.

Ein Logo, das alles klären sollte – irgendwann einmal

Die Grundidee war eigentlich gut: Verbraucher sollen auf einen Blick sehen können, wie Tiere gehalten wurden, bevor ihr Fleisch im Supermarkt landet. Fünf Stufen von „Stall“ bis „Bio“ sollten Klarheit schaffen und das Marketing-Gewirr der Handelsketten beenden. Das Problem: Während die Politik noch über Farben, Formate, Ausnahmen und Sonderfälle diskutiert, gibt es längst eine funktionierende freiwillige Kennzeichnung im Handel. Sie existiert seit 2019 und wird von Millionen Kunden jeden Tag genutzt.

Doch statt anzuerkennen, dass die Wirtschaft bereits liefert, erfindet die Politik nun ein zweites System – das zudem nicht einmal pünktlich fertig wird.

Die offizielle Begründung: „Mehr Zeit für Praxistauglichkeit“

Offiziell heißt es, die Verschiebung sei notwendig, um das Logo „besser, verständlicher und praxistauglicher“ zu machen. Wer zwischen den Zeilen liest, erkennt: Das Projekt ist in der bisherigen Form schlicht nicht umsetzbar. Die Diskussionen drehen sich längst nicht mehr nur um Stallgrößen oder Außenzugang, sondern auch um Fragen wie:

  • Wie kennzeichnet man ausländische Ware?
  • Welche Kontrolle gilt in Restaurants, Kantinen, Mensen?
  • Wer bezahlt den zusätzlichen Bürokratieapparat?

Die Antworten darauf fehlen – und ohne Antworten gibt es auch kein Logo.

Der Bauernverband dürfte heimlich aufatmen

Während Aktivisten schon seit Jahren ein verpflichtendes Kennzeichnungssystem fordern, begrüßen viele Landwirte die Verschiebung. Nicht, weil sie Transparenz ablehnen – das Gegenteil ist der Fall. Sondern weil die bisherigen Pläne vor allem eines waren: Bürokratie in Reinform.

Einheitliche Kennzeichnung? Ja. Aber nicht, indem man die Ställe mit Papier überflutet, externe Kontrollorgane aufbläht und am Ende ein System präsentiert, das mehr kostet als es nützt.

Viele Betriebe haben längst investiert und arbeiten transparent. Doch die Politik schafft es wieder einmal, die praktischen Realitäten der Landwirtschaft zu ignorieren und stattdessen ein Bürokratieprojekt nach dem anderen aufzubauen.

Gastronomie soll 2027 folgen – oder auch nicht

Eine weitere Besonderheit: Das Logo soll auch für die Außer-Haus-Verpflegung gelten. Restaurants, Imbisse, Kantinen – alle sollen künftig dokumentieren, aus welcher Haltungsform das Fleisch stammt. Eine noble Idee. Nur: In der Praxis wirkt sie wie der Versuch, einen Elefanten auf einem Bierdeckel unterzubringen.

Wer schon einmal gesehen hat, wie breit die Herkunftswege beim Großhandel heute sind, weiß: Das wird sportlich. Und teuer. Und vermutlich wird es zu einer neuen Welle von Bürokratie führen, die kleinen Betrieben endgültig den Nerv raubt.

Freiwilliges System läuft – staatliches System lahmt

Seit 2019 gibt es das bekannte freiwillige Siegel „Haltungsform“. Die großen Supermarktketten nutzen es, die Kunden verstehen es, und es deckt die wichtigsten Tierarten ab: Schwein, Rind, Geflügel. Kurz gesagt: Es funktioniert.

Das staatliche Logo hingegen:

  • wurde angekündigt,
  • verschoben,
  • überarbeitet,
  • wieder verschoben
  • und soll nun ab 2027 „grundlegend reformiert“ starten.

Von einer klaren Linie ist nichts zu sehen.

Fazit: Ein Logo als Symbol politischer Realitätsferne

Während Verbraucher klare Informationen wollen und Landwirte Planungssicherheit benötigen, liefert die Politik vor allem eines: Verzögerungen. Das staatliche Tierhaltungslogo sollte Orientierung schaffen – und wird nun zum Sinnbild dafür, wie langsam Entscheidungsprozesse laufen, wenn zu viele Akteure mitreden wollen, aber niemand Verantwortung übernimmt.

Transparenz beim Fleischkauf ist wichtig. Doch Transparenz über den Zustand der deutschen Agrarpolitik wäre mindestens genauso notwendig.

Quellen:

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