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Wieder einmal sorgt PETA Deutschland für Aufsehen. In einem aktuellen Fall ruft die radikale Tierrechtsorganisation öffentlich dazu auf, massenhaft E-Mails an ein Veterinäramt zu senden. Hintergrund ist ein Video, das eine mutmaßliche Misshandlung eines Hundes dokumentiert. Während viele Unterstützer dem Aufruf folgen, stellt sich eine entscheidende Frage: Handelt es sich dabei lediglich um eine zulässige Protestaktion – oder bewegen wir uns bereits gefährlich nah am Bereich strafbarer Handlungen? Die Diskussion lohnt sich, denn sie betrifft nicht nur PETA, sondern auch jeden Unterstützer, der sich in gutem Glauben an solchen Aktionen beteiligt.
PETA E-Mail-Kampagne – legitimer Protest oder digitale Attacke?
Auf der Website und den Social-Media-Kanälen von PETA wird ein Video verbreitet, in dem eine Person einen Hund mit der Leine schlägt. PETA fordert ihre Unterstützer auf, das zuständige Veterinäramt im Oberbergischen Kreis mit E-Mails zu kontaktieren, um so „Druck auf die Behörde“ auszuüben. Damit es möglichst einfach geht, stellt PETA sogar eine Textvorlage zur Verfügung. So wird gewährleistet, dass zahlreiche identische Nachrichten versendet werden – ein Vorgehen, das nicht nur Aufmerksamkeit erzeugt, sondern auch den Eindruck einer koordinierten Kampagne vermittelt.
Auf den ersten Blick wirkt dies wie eine harmlose Form des zivilgesellschaftlichen Engagements. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich: Massenhafte gleichlautende E-Mails können sehr wohl den Charakter einer Mail-Bombing-Aktion haben. Unter normalen Umständen soll eine E-Mail-Kommunikation den sachlichen Austausch fördern. Wenn jedoch hunderte oder tausende identische Nachrichten zeitgleich eintreffen, entsteht nicht mehr Dialog, sondern Belastung. Technisch betrachtet könnte eine solche Aktion den Server der Behörde überlasten und die tägliche Arbeit der Angestellten erheblich beeinträchtigen.
Das Petitionsrecht nach Artikel 17 Grundgesetz
Juristisch ist klar geregelt: Jeder Bürger hat das Recht, sich einzeln oder gemeinsam mit anderen an Behörden zu wenden. Dieses Petitionsrecht ist in Artikel 17 Grundgesetz (GG) verankert. Es erlaubt ausdrücklich auch moderne Kommunikationsformen wie E-Mail. Folglich ist es nicht verboten, viele gleichgerichtete Schreiben einzureichen – solange diese ernsthaft ein Anliegen vorbringen.
Doch das Petitionsrecht ist kein Freibrief. Es endet dort, wo die Funktionsfähigkeit staatlicher Institutionen gefährdet wird. Wird der reguläre Betrieb durch koordinierte Eingaben faktisch lahmgelegt, kann dies nicht mehr als legitime Petition gewertet werden. Hier kommt § 303b Strafgesetzbuch (StGB) ins Spiel, der die Computersabotage unter Strafe stellt, wenn „eine für einen anderen wesentliche Datenverarbeitung“ erheblich gestört wird. Wird ein behördlicher Mailserver durch eine Flut von Nachrichten so beeinträchtigt, dass andere Aufgaben nicht mehr erledigt werden können, läge theoretisch ein Anfangsverdacht vor.
Darüber hinaus existieren auch verwaltungsrechtliche Grenzen: Behörden haben zwar die Pflicht, Petitionen entgegenzunehmen, jedoch nicht, die Bearbeitung durch missbräuchliche Methoden zu dulden. Es entsteht eine rechtliche Grauzone, die PETA bewusst in Kauf nimmt, um öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren.
Zwischen Protest und Straftat – die Grauzone
Solange Unterstützer jeweils nur eine sachliche E-Mail senden, bewegt sich das Ganze im Bereich zulässiger Bürgerbeteiligung. Doch in dem Moment, in dem die Masse der Zuschriften die Bearbeitungskapazitäten der Behörde sprengt, wird es heikel. Ein solcher Zustand könnte als digitale Störung öffentlicher Betriebe gewertet werden (§ 316b StGB). Selbst wenn der einzelne Teilnehmer keine strafbare Handlung begeht, stellt sich die Frage, ob die Organisation, die zu einer solchen Aktion aufruft, nicht in eine Mitverantwortung genommen werden könnte.
Darüber hinaus darf § 240 StGB, die Nötigung, nicht vergessen werden. Die Vorschrift bestraft das Erzwingen eines Verhaltens durch Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel. Die Rechtsprechung hat bereits entschieden, dass auch „Gewalt gegen Sachen“ genügen kann, wenn dadurch menschliches Handeln beeinflusst wird. Denkbar wäre, dass ein Gericht eine systematische Überlastung einer Behörde als unzulässigen Druck wertet. Damit stünde PETA zumindest theoretisch unter dem Verdacht, ihre Anhänger in eine rechtliche Grauzone zu führen, in der legitimer Protest und strafbares Verhalten ineinander übergehen.
Hat PETA überhaupt die notwendigen Informationen?
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt: Besitzt PETA überhaupt die notwendigen Informationen, um der Behörde eine sinnvolle Bearbeitung des Falls zu ermöglichen? Damit ein Veterinäramt tätig werden kann, benötigt es präzise Angaben – insbesondere Name und Anschrift des Beschuldigten. Sollte PETA diese Daten nicht vorliegen haben oder nicht weitergeleitet haben, dann ist die ganze Aktion ein Papiertiger. Was bringt es, hunderte Nachrichten an eine Behörde zu senden, die gar keine Handhabe hat, weil essentielle Informationen fehlen?
Für die Unterstützer stellt sich hier eine ernüchternde Frage: Werden sie nur instrumentalisiert? Sie investieren Zeit, vielleicht auch Empörung, doch die tatsächliche Wirksamkeit ihrer Mails hängt einzig davon ab, ob PETA zuvor korrekt gearbeitet und vollständige Angaben gemacht hat. Ohne diese Basis bleibt die Aktion reine Symbolpolitik. Die Verantwortungslosigkeit liegt dann nicht bei den Teilnehmern, sondern bei PETA, die ihre Anhänger blind in eine möglicherweise sinnlose Aktion schickt.
Datenschutzrechtliche Dimension
Noch kritischer wird es, wenn PETA im Rahmen solcher Aktionen personenbezogene Daten verarbeitet. Angenommen, ein Whistleblower übermittelt Namen und Adressen von Beschuldigten an PETA. Dann gilt unmittelbar die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Nach Art. 6 DSGVO darf eine solche Speicherung nur erfolgen, wenn eine klare Rechtsgrundlage besteht – beispielsweise ein berechtigtes Interesse. Doch selbst dann greift Art. 14 DSGVO, der PETA verpflichtet, Betroffene zu informieren, wenn ihre Daten nicht direkt von ihnen selbst stammen.
Es gibt zwar Ausnahmen, etwa wenn die Informationserteilung den Zweck gefährden würde (Art. 14 Abs. 5 DSGVO). Doch diese Ausnahmen sind eng auszulegen. Sollte PETA Daten längerfristig speichern oder gar weitergeben, ohne Betroffene zu informieren, stünde ein klarer DSGVO-Verstoß im Raum. Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang § 42 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), der vorsätzliche unrechtmäßige Datenverarbeitung unter Strafe stellt, wenn dadurch ein Schaden entsteht. Damit könnte die Organisation nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich in die Pflicht genommen werden.
Die Frage, ob PETA Adressen tatsächlich speichert und weitergibt, ist also keine Nebensache, sondern ein entscheidender Punkt, der über die Rechtmäßigkeit der gesamten Aktion mitentscheidet. Wer im Namen des Tierschutzes agiert, sollte sich gerade im Bereich Datenschutz keine groben Verstöße leisten – alles andere wirkt heuchlerisch.
Die Rolle der Unterstützer – Mitläufer in Gefahr?
Nicht unterschätzt werden darf die Rolle der Unterstützer. Viele folgen PETA in gutem Glauben, weil sie Tieren helfen wollen. Doch sie erkennen oft nicht, dass sie sich möglicherweise in eine rechtliche Grauzone begeben. Wer sich an einer Massenaktion beteiligt, die im schlimmsten Fall als Mail-Bombing-Attacke gewertet werden könnte, setzt sich selbst einem Risiko aus – auch wenn dieses gering erscheint. PETA trägt daran die Hauptverantwortung, weil sie ihre Anhänger nicht über die möglichen Konsequenzen aufklärt. Ein seriöser Tierschutzverband würde seine Unterstützer schützen, nicht in die Gefahr führen.
Fazit: Verantwortungslosigkeit auf Kosten der Unterstützer
Am Ende bleibt ein schaler Beigeschmack: PETA ruft zu einer Aktion auf, die juristisch zumindest in einer Grauzone liegt. Unterstützer könnten – ohne es zu ahnen – in eine Situation geraten, in der ihr Verhalten als Teil einer Mail-Bombing-Attacke gewertet wird. Während PETA sich im Zweifel auf Meinungsfreiheit und Petitionsrecht beruft, tragen die einzelnen Mitläufer das Risiko. Noch problematischer ist, dass unklar bleibt, ob PETA die notwendigen Informationen überhaupt besitzt und weitergibt, sodass die Behörde wirksam handeln kann.
Statt seriöser Tierschutzarbeit liefert PETA also einmal mehr eine PR-Aktion, die rechtlich hoch problematisch ist. Für die Tiere bringt das wenig – für PETA aber maximale mediale Aufmerksamkeit. Wer PETA unterstützt, sollte sich bewusst sein, dass er möglicherweise nicht für echten Tierschutz, sondern für digitalen Aktionismus instrumentalisiert wird. Wer wirklich helfen möchte, sollte stattdessen auf legale, transparente und verantwortungsvolle Wege setzen – und sich nicht blind von emotionalen Kampagnen mitreißen lassen.
Quellen:
- PETA – Hund im Oberbergischen Kreis geschlagen: Behörde bleibt untätig – https://www.peta.de/neuigkeiten/hund-misshandelt-oberbergischer-kreis/
- GERATI – PETA Petitionen getarnte Straftaten – https://gerati.de/2018/01/08/peta-petitionen-getarnte-straftaten/