Die Entscheidung ist gefallen – und sie ist bemerkenswert. Trotz massiver öffentlicher Kritik und wiederkehrender Kampagnen der Tierrechtsorganisation PETA hält die Stadt Ulm an der lebendigen Weihnachtskrippe auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt fest. Was auf den ersten Blick wie eine lokale kulturpolitische Frage wirkt, ist bei genauerem Hinsehen ein grundsätzlicher Konflikt: zwischen rechtsstaatlich organisiertem Tierschutz und ideologisch motiviertem Tierrecht, zwischen demokratischer Entscheidungsfindung und medialem Erpressungsdruck.
Ulm hat sich entschieden, diesen Druck nicht nachzugeben. Und genau deshalb verdient diese Entscheidung eine grundsätzliche Einordnung.
Lebendige Weihnachtskrippe Ulm: Entscheidung gegen Kampagnen, nicht gegen Tierschutz
Zunächst muss eines klar festgestellt werden: Die Stadt Ulm hat ihre Entscheidung nicht gegen den Tierschutz getroffen. Sie hat sie gegen unbelegte Vorwürfe und gegen eine Eskalationsstrategie getroffen, die seit Jahren nach demselben Muster abläuft. Die lebendige Krippe auf dem Münsterplatz existiert seit Jahrzehnten, sie wird regelmäßig überprüft, vom zuständigen Veterinäramt begleitet und ist bislang in keinem einzigen Fall als tierschutzwidrig beanstandet worden.
Das ist ein zentraler Punkt, der in der öffentlichen Debatte häufig unterschlagen wird. PETA hat – auch im aktuellen Fall – keinen konkreten Tierschutzverstoß nachgewiesen. Keine dokumentierten Leiden, keine behördlichen Feststellungen, keine fachlich belastbaren Gutachten. Stattdessen werden pauschale Aussagen getroffen: Weihnachtsmärkte seien grundsätzlich ungeeignet für Tiere, lebendige Krippen seien per se problematisch, Traditionen stünden im Widerspruch zum Tierwohl.
Das sind keine juristischen oder fachlichen Argumente, sondern ideologische Positionen.
PETA und Weihnachtsmärkte: Jährliche Kampagnen ohne Beweise
Wer die Arbeit von PETA über Jahre hinweg beobachtet, erkennt ein klares Muster. Jedes Jahr zur Adventszeit werden Weihnachtsmärkte, lebendige Krippen, Martinsumzüge oder Tierdarstellungen ins Visier genommen. Die Vorgehensweise ist nahezu identisch:
- Veröffentlichung einer scharf formulierten Pressemitteilung
- Moralische Vorverurteilung von Städten und Veranstaltern
- Emotionalisierende Social-Media-Kampagnen
- Öffentlicher Druck, der wenig Raum für sachliche Differenzierung lässt
Was dabei regelmäßig fehlt, ist der Dialog. Es gibt kaum Versuche, mit Kommunen konstruktiv zu sprechen, bestehende Konzepte zu prüfen oder gemeinsam Verbesserungen zu erarbeiten. Stattdessen wird ein Alles-oder-Nichts-Ansatz verfolgt: Wer nicht sofort nachgibt, wird öffentlich angegriffen.
Ulm hat diesen Mechanismus erkannt – und bewusst gestoppt.
Wenn Aktivismus zur Erpressung wird
Genau hier liegt der kritische Punkt. Die Methoden, mit denen PETA arbeitet, gehen weit über legitime Kritik hinaus. Sie folgen einer Logik, die man klar benennen muss: Wenn ihr nicht tut, was wir fordern, sorgen wir für einen medialen Shitstorm.
Unternehmen, Städte und Veranstalter stehen dann vor einer schwierigen Wahl. Entweder sie geben nach – unabhängig davon, ob ihre Praxis rechtmäßig ist – oder sie riskieren massive Reputationsschäden durch negative Berichterstattung, Social-Media-Angriffe und Boykottaufrufe. Diese Strategie ist kein Zufall, sondern Teil eines Systems, das Aufmerksamkeit, Klicks und Spendeneinnahmen generiert.
Dass man dieses Vorgehen als Mafiamethoden bezeichnet, ist polemisch – aber nicht unbegründet. Es handelt sich um Druckausübung durch Angst vor öffentlicher Denunzierung, nicht um sachliche Auseinandersetzung auf Augenhöhe.
Tierschutz ist nicht Tierrecht – ein entscheidender Unterschied
Ein zentrales Problem der Debatte liegt in der bewussten oder unbewussten Vermischung zweier völlig unterschiedlicher Konzepte: Tierschutz und Tierrecht.
Das deutsche Tierschutzrecht ist klar geregelt. Tiere dürfen gehalten, genutzt und auch zu kulturellen Zwecken eingesetzt werden, solange ein vernünftiger Grund vorliegt und ihnen keine vermeidbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Genau das prüfen Veterinärämter, Behörden und Gerichte.
PETA hingegen vertritt eine radikale tierrechtliche Ideologie, die jede Form der Tierhaltung grundsätzlich ablehnt. Aus dieser Perspektive ist nicht nur die lebendige Weihnachtskrippe problematisch, sondern Zoos, Nutztierhaltung, Reitbetriebe und sogar private Haustierhaltung. Diese Grundhaltung erklärt, warum konkrete Beweise für Missstände oft keine Rolle spielen – denn das Ziel ist nicht Verbesserung, sondern Abschaffung.
Diese Ideologie darf vertreten werden. Aber sie darf nicht als allgemeingültiger Maßstab für staatliches Handeln missbraucht werden.
Ulm als Beispiel für rechtsstaatliche Standhaftigkeit
Die Entscheidung der Stadt Ulm ist deshalb mehr als eine lokale Angelegenheit. Sie ist ein Signal für rechtsstaatliche Standhaftigkeit. Ulm sagt damit sinngemäß: Wir prüfen Vorwürfe, wir hören Kritik an, aber wir treffen Entscheidungen auf Basis von Fakten, Zuständigkeiten und geltendem Recht – nicht auf Basis von Lautstärke.
Dass die Entscheidung in einer nicht öffentlichen Sitzung des Aufsichtsrates gefallen ist, zeigt zudem: Es ging nicht um Symbolpolitik, sondern um eine nüchterne Abwägung. Die lebendige Krippe bleibt, weil es keinen sachlichen Grund gibt, sie abzuschaffen.
Wo bleibt die Politik?
Der Fall Ulm wirft zwangsläufig eine größere Frage auf: Wann setzt die Politik endlich klare rechtliche Maßstäbe im Umgang mit radikalen Tierrechtsorganisationen wie PETA? Es geht dabei nicht um ein Verbot von Kritik oder Protest. Es geht um Verantwortung.
Wer regelmäßig Strafanzeigen stellt und diese öffentlich begleitet, muss auch öffentlich kommunizieren, wenn Verfahren eingestellt werden. Wer schwere Vorwürfe erhebt, muss sie belegen. Und wer systematisch mit medialem Druck arbeitet, darf nicht länger den Schutzraum des klassischen Tierschutzes für politische Kampagnen nutzen.
Solange diese Fragen nicht geklärt sind, werden Städte und Veranstalter weiterhin unter Druck geraten – oft unabhängig davon, ob sie rechtmäßig handeln oder nicht.
Fazit: Die Weihnachtskrippe bleibt – und das ist richtig so
Ulm hat eine Entscheidung getroffen, die über die Weihnachtskrippe hinausweist. Sie zeigt, dass demokratische Institutionen nicht jedem Kampagnendruck nachgeben müssen. Sie zeigt, dass Tierschutz auf Fakten basiert – nicht auf Ideologie. Und sie zeigt, dass Tradition und Tierwohl kein Widerspruch sein müssen, solange sie rechtskonform und verantwortungsvoll gestaltet werden.
Die lebendige Weihnachtskrippe in Ulm bleibt. Nicht aus Trotz. Sondern aus Überzeugung. Und vielleicht ist genau das das wichtigste Signal dieser Debatte.
Quellen:
- Neu-Ulmer Zeitung – Peta kritisiert: Ulm hält weiter an lebender Krippe mit Tieren beim Weihnachtsmarkt fest – https://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/kritik-von-peta-ulm-haelt-an-lebender-krippe-mit-tieren-beim-weihnachtsmarkt-fest-110372930
- GERATI – Lebende Krippen Kritik: Wenn der Glaube zur Bühne der Tierrechtsfarce wird – https://gerati.de/2025/12/14/lebende-krippen-kritik-bktk/

