Schutzstatus Faultiere: Warum die neue CITES-Entscheidung längst überfällig war

Der internationale Wildtierhandel boomt – und mit ihm das Leid unzähliger Tiere, die für Selfies, Wohnzimmerexoten oder touristische Attraktionen aus ihren Lebensräumen gerissen werden. Nun hat die CITES-Konferenz in Usbekistan einen Schritt nach vorne gemacht: Zweifinger-Faultiere stehen künftig unter schärferer Kontrolle.
Diese Entscheidung mag auf dem Papier nach nüchterner Verwaltungsarbeit klingen. In Wahrheit betrifft sie eine Tiergruppe, deren Situation alarmierender kaum sein könnte. Und genau deshalb ist der neue Schutzstatus Faultiere nicht nur wichtig, sondern dringend notwendig.

Internationaler Wildtierhandel: Ein unterschätztes Problem

Der internationaler Wildtierhandel mit Faultieren hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Besonders in den USA steigt der Import exotischer Tiere seit Jahren kontinuierlich an. 2012 kamen 59 Eigentliche Zweifingerfaultiere ins Land – 2023 waren es bereits 160. Diese Zahlen stehen exemplarisch für eine Entwicklung, die zeigt, wie sehr der Markt auf Nachfrage reagiert.

Doch hinter jedem Tier stehen oftmals dramatische Geschichten: Laut Experten sterben rund 90 Prozent der Tiere bereits beim Fang oder Transport. Nur ein kleiner Rest überlebt lange genug, um in einem Wohnzimmerkäfig zu landen. Dass diese Tiere in Gefangenschaft häufig erkranken oder schlicht an stressbedingten Problemen zugrunde gehen, wird gerne ignoriert.

CITES Konferenz: Einstimmige Entscheidung mit Signalwirkung

Auf der CITES Konferenz in Samarkand forderten Brasilien, Costa Rica und Panama eine Hochstufung mehrerer Zweifinger-Faultierarten in Anhang II. Damit soll der Handel stärker reguliert und erstmals umfassend dokumentiert werden.
Dieser Schritt ist keine Symbolpolitik, wie der IFAW betont. Die Listung hilft den Behörden, Arten besser zu erkennen, Handelsströme zu verfolgen und illegale Aktivitäten sichtbar zu machen. Vor allem, weil das Eigentliche Zweifingerfaultier seinem bedrohten Verwandten, dem Hoffmann-Zweifingerfaultier, zum Verwechseln ähnlich sieht. Eine Maßnahme also, die schlicht notwendig ist, um Schutzlücken zu schließen.

Lebensraumverlust und illegaler Heimtierhandel: Die eigentlichen Treiber

Das wahre Problem liegt jedoch nicht allein im Handel – es liegt im Zusammenspiel vieler Faktoren.

  • Lebensraumverlust durch Abholzung
  • steigende Nachfrage durch Social Media
  • ein florierender illegaler Heimtierhandel
    Faultiere werden aus Regenwäldern gerissen, weil ein Touristen-Selfie auf Instagram hunderte Likes verspricht. Die Verniedlichung dieser Tiere führt zu einem bizarren Trend: Immer mehr Menschen glauben, ein Faultier sei ein „ruhiges Haustier“. Dabei ist es ein hochsensibles Wildtier, das ohne seinen natürlichen Lebensraum kaum überlebensfähig ist.

Hohe Sterblichkeit: Das verschwiegene Drama

Eines der gravierendsten Probleme ist die hohe Sterblichkeit entlang der gesamten Handelskette. Faultiere haben eine lange Tragezeit und bringen meist nur ein einziges Jungtier zur Welt. Jeder Verlust trifft die Population also doppelt hart.
Wenn die Tiere dann noch durch Hitze, Stress, Hunger und grobe Fangmethoden sterben, entsteht ein Dominoeffekt: Ein Markt, der nur durch massive Verluste „funktioniert“, zerstört seine eigene Grundlage.

Import USA: Ein Beispiel für globale Verantwortung

Auch wenn die USA zu den wenigen Ländern gehören, die Importe nicht gelisteter Arten überwachen, zeigt der starke Anstieg der Faultierimporte, wie global vernetzt der Handel ist. Eine striktere Regulierung ist deshalb kein Luxus, sondern dringend notwendig – nicht nur zum Schutz der Tiere, sondern um überhaupt belastbare Daten über das Ausmaß der Ausbeutung zu erhalten.

Fazit

Der neue Schutzstatus Faultiere markiert einen wichtigen Moment. Er zeigt: Internationale Politik kann handeln, wenn der Druck hoch genug ist. Doch die Realität bleibt ernüchternd.
Solange Social-Media-Trends, fragwürdige Attraktionen und die Nachfrage nach „exotischen Haustieren“ weiter steigen, wird jede Schutzmaßnahme nur ein Tropfen auf den heißen Stein bleiben.
Wenn wir es ernst meinen, müssen wir den Handel nicht nur überwachen, sondern gesellschaftlich entzaubern. Ein „niedliches“ Selfie mag harmlos wirken – doch dahinter steht ein Tier, das seinem Wald entrissen wurde und oft nicht überlebt.
Artenschutz beginnt nicht bei internationalen Konferenzen. Er beginnt bei unserem Verhalten.

Quellen:

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