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Kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein Tierrechtsverein wieder einen neuen Skandal wittert. Diesmal ist es die Lämmerverstümmelung Modeindustrie, mit der sich die Organisation Vier Pfoten medienwirksam in Szene setzt. Ihr aktueller Report über angeblich fehlende Transparenz in der Modebranche sorgt für Schlagzeilen – und für das übliche moralische Getöse.
Doch während sich Vier Pfoten als Retter der Schafe inszeniert, bleibt eine entscheidende Frage offen: Wie sicher sind diese vielgepriesenen Zertifikate, die angeblich Tierleid ausschließen sollen? Und wer prüft eigentlich, ob der Weg der Merinowolle vom Schaf bis zum Pullover wirklich so sauber ist, wie die Label versprechen?
Zertifikate – Glaube statt Kontrolle
Laut dem Report von Vier Pfoten sollen zwei Drittel der Modeunternehmen keine ausreichenden Informationen darüber liefern, ob ihre Wolle aus zertifizierten Quellen stammt. Marken wie Marc O’Polo, OLYMP oder Patagonia werden als „Transparenzsieger“ gefeiert, während Michael Kors öffentlich an den Pranger gestellt wird.
Doch das Problem liegt tiefer. Zertifizierungen sind in der Regel teuer, oft unübersichtlich und teilweise gar nicht unabhängig überprüfbar. Viele Organisationen vergeben eigene Siegel, die auf dem Papier gut aussehen, aber keinerlei rechtliche Bindung oder Kontrolle beinhalten. Selbst Tierschutz- und Tierrechtsvereine basteln sich gerne ihre eigenen Logos – Stichwort: PETA Approved, das kaum überprüfbar ist und vor allem dem eigenen Marketing dient.
Das Vertrauen in diese Tierwohlsiegel basiert daher mehr auf Glauben als auf Fakten. Eine unabhängige, staatliche Kontrolle fehlt meist vollständig. Die Modebranche bedient sich einer ganzen Palette an Symbolen, um das gute Gewissen der Konsumenten zu beruhigen – nicht selten gegen Aufpreis.
Tierrechts- und Tierschutzorganisationen preisen gerne die Verwendung von Baumwolle, doch auch diese ist trotz Zertifikaten nicht sicher – wie dieses Video von STRG_F zeigt.
Heuchelei im Wollgeschäft
Die Praxis des sogenannten Mulesing, also dem Entfernen von Haut am Hinterteil junger Lämmer zur Vorbeugung von Fliegenbefall, findet fast ausschließlich in Australien statt. Rund 80 Prozent der weltweit verwendeten Merinowolle stammen von dort – und Australien ist das einzige Land, in dem dieses Verfahren noch legal ist.
Anstatt die australische Regierung direkt aufzufordern, diese Praxis endlich zu beenden, richtet Vier Pfoten seine Kampagne lieber gegen europäische Modehäuser. Das ist einfacher, bringt mehr Medienaufmerksamkeit – und kostet nichts außer ein paar Pressefotos.
Die Folge: Produzenten, Händler und Designer werden öffentlich diskreditiert, obwohl sie kaum Einfluss auf australische Landwirtschaftsgesetze haben. Dabei wäre ein gezielter politischer Druck auf Canberra wohl weitaus effektiver als das Schwingen der moralischen Keule gegen die Modeindustrie.
Die doppelte Moral der Tierrechtler
Vier Pfoten stellt sich gerne als seriöse Stimme im Tierschutz dar, unterscheidet sich aber im Kern kaum noch von Organisationen wie PETA. Statt Aufklärung betreibt man lieber Anprangerung. Statt Lösungen zu entwickeln, liefert man Skandale.
Ob zertifizierte Wolle, Modeunternehmen oder Transparenzberichte – alles wird zu einer Bühne, auf der sich die Organisation moralisch überhöhen kann. Der Tierschutz wird zur PR-Strategie, die sich hervorragend für Spendenkampagnen eignet.
Dabei ist unbestritten: Die Lämmerverstümmelung ist eine grausame Praxis, die dringend beendet gehört. Nur sollte das nicht auf dem Rücken derer ausgetragen werden, die ohnehin wenig Handlungsspielraum haben. Wer das Problem an der Wurzel packen will, muss mit den australischen Behörden sprechen – nicht mit europäischen Designern.
Fazit
Vier Pfoten nutzt die Lämmerverstümmelung Modeindustrie als Bühne, um Empörung zu schüren. Anstatt echte Reformen anzustoßen, werden Unternehmen an den Pranger gestellt, die teilweise längst Fortschritte erzielt haben.
Zertifikate sind kein Allheilmittel, und solange niemand wirklich überprüft, was hinter den Etiketten steckt, bleibt der Konsument im Dunkeln. Vielleicht sollte sich der Tierschutz wieder mehr auf Taten statt auf Schlagzeilen konzentrieren – und den moralischen Zeigefinger einpacken, bis die eigenen Maßstäbe überprüfbar sind.
Quellen:
- VIER PFOTEN – Kein Durchblick bei der Lämmerverstümmelung – https://www.vier-pfoten.de/unseregeschichten/presse/oktober-2025/kein-durchblick-bei-der-laemmerverstuemmelung
- GERATI – PETA und das Schaf: Kontroverse um Tierrechtsorganisation und Wollproduktion auf Sylt – https://gerati.de/2023/07/11/peta-und-das-schaf-kontroverse-um-tierrechtsorganisation-und-wollproduktion-auf-sylt/
- YouTube – STRG_F – Adidas, Puma, Boss & Co: Baumwolle aus China-Zwangsarbeit? | STRG_F – https://youtu.be/w0bhOilZ29Q?si=NQOKYFCwie3A3Kg_
