Tierschutz-Influencer: Zwischen Aufmerksamkeit und Strafbarkeit

Chancen und Risiken der digitalen Reichweite

Soziale Medien sind heute das wichtigste Werkzeug für Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen. Über Plattformen wie Instagram, YouTube oder TikTok erreichen Tierschutz-Influencer Millionen Menschen mit einem einzigen Beitrag. Was zunächst wie eine große Chance wirkt, entwickelt sich jedoch zunehmend zu einer problematischen Tendenz. Anstatt die Reichweite zu nutzen, um faktenbasierte Aufklärung zu leisten und den Dialog zu fördern, setzen viele Akteure auf Skandalisierung, Einseitigkeit und – im schlimmsten Fall – auf strafbare Handlungen. Dadurch wird der Tierschutz nicht gestärkt, sondern geschwächt.

ARIWA und Tierschutz-Influencer Aljosha: Aufmerksamkeit um jeden Preis

Ein besonders aufsehenerregendes Beispiel ist die Zusammenarbeit von Animal Rights Watch (ARIWA) mit dem Tierschutz-Influencer Aljosha. Aljosha ist bekannt als einer der prägenden Köpfe der „Vegan ist ungesund“-Community und verfügt über eine enorme Reichweite, was ihn zu einem wichtigen Multiplikator in der Debatte macht. Gemeinsam produzierten sie das Video: „Nach diesem Video wirst du nie wieder Milch trinken“. Die Aufnahmen entstanden in einem Milchviehbetrieb – allerdings nicht durch eine offizielle Genehmigung, sondern offenbar durch nächtliches Eindringen in den Betrieb.

Juristisch bewegt sich dieses Vorgehen im Bereich des Hausfriedensbruchs (§123 StGB). Solche Aktionen mögen kurzfristig Empörung, Schlagzeilen und Klicks bringen, doch langfristig untergraben sie die Glaubwürdigkeit des Tierschutzes. Wer Gesetze bricht, nur um Reichweite zu erzielen, liefert Kritikern eine ideale Vorlage, um den gesamten Tierschutz als radikal und unseriös abzustempeln. Der dringend notwendige Diskurs über Haltungsbedingungen gerät dabei in den Hintergrund.

Gesetzesverstöße senden fatale Signale

Anstatt auf Gespräche mit Landwirten, Wissenschaftlern, Politikern und Verbrauchern zu setzen, greifen manche Aktivisten bewusst zu rechtswidrigen Mitteln. Damit soll moralische Überlegenheit erzwungen werden – ein fatales Signal. Denn moralische Argumente allein ersetzen keine Rechtsordnung.

Gesetze gelten für alle – auch für jene, die meinen, im Namen einer höheren Moral zu handeln. Gerade Tierschutzorganisationen sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Kampagnen mit Transparenz und Rechtsstaatlichkeit gestalten. Wer hingegen auf Einbrüche, heimliche Aufnahmen und skandalisierende Inszenierungen setzt, stellt nicht nur die eigenen Motive infrage, sondern beschädigt auch das Vertrauen der Öffentlichkeit.

Hinzu kommt: Strafbare Aktionen führen regelmäßig zu Prozessen, die Zeit und Ressourcen verschlingen. Diese Mittel könnten sinnvoller in konstruktive Projekte fließen, die tatsächlich den Tieren zugutekommen.

Dialog statt Konfrontation

Es gibt zahlreiche Wege, legale und konstruktive Projekte voranzubringen, die auf Zusammenarbeit setzen. Kooperationen mit Tierheimen, Aufklärungskampagnen zur Haustierhaltung, Unterstützung von Landwirten bei höheren Standards oder Diskussionsformate in Schulen und Universitäten – all das fördert den Tierschutz auf seriöse Weise, ohne in die Illegalität abzurutschen.

Beispiele zeigen, dass es auch anders geht: Tierschutz-Influencer wie Katja Hentschel engagieren sich mit Spendenaktionen für Tierheime. TV-Formate wie „Tiere suchen ein Zuhause“ setzen auf Vermittlung und Information statt auf Skandalisierung. Solche Ansätze erreichen ebenfalls breite Aufmerksamkeit, jedoch ohne Gesetzesverstöße.

Echter Fortschritt im Tierschutz bemisst sich nicht daran, wie spektakulär jemand in fremde Ställe eindringt, sondern daran, ob nachhaltige Veränderungen in Politik, Landwirtschaft und Gesellschaft erreicht werden. Respekt, Fachwissen und Dialog öffnen Türen, die Radikalität und Konfrontation verschließen.

Konsequenzen für die Glaubwürdigkeit

Jede illegale Aktion hat nicht nur rechtliche Folgen, sondern auch massive Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit des Tierschutzes. Während einige wenige Tierschutz-Influencer Reichweite und Likes sammeln, rücken die Leistungen engagierter, gesetzestreuer Tierschützer in den Hintergrund. Ihr mühsamer Einsatz wird von Schlagzeilen über Hausfriedensbruch und heimliche Aufnahmen überschattet. Damit verlieren die wirklich wichtigen Botschaften an Gewicht.

Die zentrale Frage muss lauten: Geht es um das Wohl der Tiere – oder nur um persönliche Reichweite? Eine ehrliche Antwort darauf könnte den Unterschied machen.

Fazit: Dialog statt Gesetzesbruch

Wer Tierschutz ernst nimmt, muss rechtswidrige Aktionen klar verurteilen. Weder nächtliche Einbrüche noch sensationsgierige Skandalisierungen führen zu Verbesserungen für Tiere. Es ist höchste Zeit, dass Organisationen und Tierschutz-Influencer ihren Kurs ändern: Weg von Straftaten, hin zu offener Zusammenarbeit auf Augenhöhe.

Denn nur dort, wo Dialog, Respekt und Sachlichkeit herrschen, können Tierschutz und Landwirtschaft gemeinsam Fortschritte erzielen. Alles andere bleibt ein kurzes Strohfeuer – laut, auffällig, aber ohne nachhaltigen Nutzen für die Tiere, um die es eigentlich gehen sollte.

Quellen:

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