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Die Pressemitteilung von Harald Ullmann – viel Kritik, wenig Substanz
In einer aktuellen Pressemitteilung zum 100-Tage-Amtjubiläum von Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer wirft PETA diesem vor, den Tierschutz zu verraten. Besonders im Fokus steht die Forderung nach einem sofortigen Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung von Rindern. Harald Ullmann, 2. Vorsitzender von PETA Deutschland, prangert an, dass keine Maßnahmen gegen diese Haltungsform ergriffen wurden. Dabei wird ein dramatisches Bild gezeichnet, das bewusst Emotionen wecken soll.
Was PETA in der Mitteilung jedoch verschweigt: Die ganzjährige Anbindehaltung ist in Deutschland derzeit nicht ausdrücklich verboten – mit Ausnahme bei Kälbern unter sechs Monaten. Die rechtliche Grundlage ergibt sich lediglich aus der Generalklausel des § 2 Tierschutzgesetz, deren Auslegung stark variiert. Diese Tatsache ist PETA und insbesondere deren Rechtsabteilung seit Jahren bekannt. Dennoch wird der Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt, es handele sich um eine klare, strafbare Tierquälerei. Hier wäre Transparenz gefragt, statt durch suggestive Formulierungen falsche Erwartungen zu wecken.
Die Rechtslage: Kein ausdrückliches Verbot
Generalklausel statt Spezialgesetz
Aktuell existiert in Deutschland kein spezifisches Gesetz, das die ganzjährige Anbindehaltung älterer Rinder verbietet. Lediglich die Generalklausel des Tierschutzgesetzes (§ 2 TierSchG) verpflichtet zu einer artgerechten Haltung. Ob Anbindehaltung hierunter fällt, ist Auslegungssache und führt zu unterschiedlichen Bewertungen durch Staatsanwaltschaften und Gerichte. Diese Uneinheitlichkeit ist seit Langem bekannt und macht Strafanzeigen in diesem Bereich besonders schwierig.
Gerade dieser Interpretationsspielraum sorgt dafür, dass PETA-Anzeigen immer wieder scheitern. Statt sich auf eindeutig justiziable Fälle zu konzentrieren, nutzt PETA den juristischen Graubereich offenbar bewusst als Teil einer Skandalisierungsstrategie. Das Problem: Solche Anzeigen binden Ressourcen bei Justiz und Polizei, ohne einen nachhaltigen rechtlichen Effekt zu erzielen.
Geplante Gesetzesänderung
Die Bundesregierung plant, die ganzjährige Anbindehaltung in den nächsten zehn Jahren zu verbieten, mit Ausnahmen für kleine Betriebe in Kombinationshaltung. Bis dahin bleibt sie jedoch rechtlich zulässig – ein Fakt, der in PETAs Kommunikation kaum Erwähnung findet. Stattdessen wird der politische Wille zur Gesetzesänderung mit einer angeblichen Strafbarkeit gleichgesetzt.
Dieses Vorgehen kann bei Laien den Eindruck erwecken, es handle sich um ein bereits verbotenes und strafbares Verhalten. Hier liegt die Gefahr einer gezielten Irreführung der Öffentlichkeit, die juristisch zwar schwer zu fassen ist, ethisch aber zweifelhaft wirkt.
PETA-Strafanzeigen im Jahr 2025: Viel Lärm um nichts
Auflistung der bekannt gewordenen Anzeigen
- Bayern: August 2025, Landkreis Haßberge – Vorwurf der dauerhaften Anbindung mehrerer Dutzend Milchkühe. Laut PETA handelte es sich um eine ganzjährige Fixierung ohne ausreichenden Auslauf.
- Baden-Württemberg: April 2025, Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald – angeblich beengte Haltung ohne ausreichenden Auslauf, dokumentiert durch zugespielte Fotos.
- Sachsen: Juni 2025, Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge – Dokumentation angeblich tierschutzwidriger Haltungsbedingungen, veröffentlicht in regionalen Medien.
Ergebnisse der Verfahren
Keine einzige dieser Strafanzeigen führte zu einer Anklage oder Verurteilung. Die meisten Verfahren wurden nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (kein hinreichender Tatverdacht). In seltenen Fällen erfolgten Einstellungen gegen Auflagen (§ 153a StPO), z. B. Zahlung eines Geldbetrags – jedoch ohne Schuldfeststellung.
Selbst dort, wo Behörden Tierschutzprobleme sahen, reichte es nicht für ein Gerichtsverfahren. Die Argumentationslinien der Staatsanwaltschaften ähneln sich: Solange es regelmäßigen Auslauf gibt oder die Haltung saisonal gewechselt wird, fehlt die Grundlage für eine strafrechtliche Verfolgung.
Historische Erfolgsbilanz
Schon in den Jahren zuvor war die Erfolgsquote gegen null. PETA selbst musste einräumen, dass keine ihrer bisherigen Anzeigen zu einer gerichtlichen Verurteilung geführt hat. Damit ist die juristische Aussichtslosigkeit eindeutig dokumentiert. Wer trotz dieser Bilanz weiterhin massenhaft Strafanzeigen stellt, muss sich den Vorwurf der Ressourcenverschwendung gefallen lassen.
Die juristische Abteilung von PETA – teuer und wirkungslos?
Die Rolle von Krishna Singh und seinem Team
PETA beschäftigt mehrere Juristen, darunter auch die Leiterfigur Krishna Singh, um rechtliche Schritte gegen mutmaßliche Tierquälerei einzuleiten. Angesichts der bekannten Rechtslage zur Anbindehaltung muss davon ausgegangen werden, dass diesen Juristen bewusst ist, dass die Erfolgsaussichten vor Gericht minimal sind. Dennoch werden diese Anzeigen mit großem medialem Aufwand eingereicht, oft begleitet von Fotomaterial und Pressekonferenzen.
Dieser mediale Rahmen sorgt dafür, dass die Vorwürfe in der öffentlichen Wahrnehmung hängen bleiben – selbst wenn sie später juristisch scheitern. Für den betroffenen Landwirt kann das existenzielle Folgen haben.
Die Frage nach der Kompetenz
Wenn über Jahre hinweg Strafanzeigen gestellt werden, die in über 90 % der Fälle nicht einmal zu einem Verfahren führen, drängt sich die Frage auf: Handelt es sich um juristische Inkompetenz, gezielte Ignoranz oder um kalkulierte PR-Aktionen? Wer über fundiertes Fachwissen verfügt, sollte die Chancen und Risiken realistischer einschätzen können – und entsprechend handeln.
Hinzu kommt: Eine funktionierende Rechtsabteilung sollte strategisch vorgehen, Fälle sorgfältig auswählen und so aufbereiten, dass sie vor Gericht Bestand haben. Die Realität bei PETA wirkt davon weit entfernt.
Kosten-Nutzen-Verhältnis
Juristen in Vollzeit sind teuer. Wenn diese jedoch überwiegend rechtlich aussichtslose Verfahren anstoßen, entsteht der Eindruck, dass hier Mitgliedsbeiträge und Spendengelder in ineffektive Prozesse fließen. Für den Tierschutz bleibt der Nutzen gering – für die Öffentlichkeitswirksamkeit von PETA hingegen hoch.
Öffentlichkeitsarbeit statt Rechtspflege
Die Pressearbeit zu den Strafanzeigen ist oft schärfer formuliert als die Anzeigen selbst. Landwirte werden in Mitteilungen so konkret beschrieben, dass sie lokal eindeutig identifizierbar sind. Das führt zu Vorverurteilungen und kann existenzbedrohende Folgen haben – auch ohne, dass jemals ein Gericht die Vorwürfe bestätigt.
Der eigentliche Schaden entsteht nicht vor Gericht, sondern in der öffentlichen Wahrnehmung. Wer öffentlich an den Pranger gestellt wird, verliert Kunden, Partner und oft auch das Ansehen in der Nachbarschaft – völlig unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.
Fazit
PETA weiß um die aktuelle Rechtslage: Die ganzjährige Anbindehaltung ist in Deutschland nicht ausdrücklich verboten. Trotzdem stellt die Organisation regelmäßig Strafanzeigen, die fast ausnahmslos im Sande verlaufen. Die juristische Abteilung wirkt dabei mehr wie ein verlängerter Arm der PR-Abteilung als wie eine ernsthafte Rechtsvertretung.
Für den Tierschutz bleibt am Ende wenig gewonnen – für PETAs mediale Präsenz hingegen umso mehr. Solange die Rechtslage so bleibt, werden diese Anzeigen wohl weiterhin vor allem ein Werkzeug der Skandalisierung sein. Eine ehrlichere Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit wäre hier ein Schritt in Richtung echter Transparenz.
Quellen
- PETA.de – 100 Tage im Amt: PETA zieht erste Bilanz für neuen Bundeslandwirtschaftsminister: „Alois Rainer verrät den Tierschutz“ – https://presseportal.peta.de/100-tage-im-amt-peta-zieht-erste-bilanz-fuer-neuen-bundeslandwirtschaftsminister-alois-rainer-verraet-den-tierschutz/
- Gesetze im Internet – Tierschutzgesetz § 2 – https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__2.html
- PETA.de – Kühe in Anbindehaltung und Vernachlässigung von Kälbern – PETA erstattet Strafanzeige gegen Hofbetreiber im Landkreis Haßberge – https://presseportal.peta.de/kuehe-in-anbindehaltung-und-vernachlaessigung-von-kaelbern-peta-erstattet-strafanzeige-gegen-hofbetreiber-im-landkreis-hassberge/
- PETA.de – Anbindehaltung und Vernachlässigung von Rindern – PETA erstattet Strafanzeige gegen Hofbetreiber im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald – https://presseportal.peta.de/anbindehaltung-und-vernachlaessigung-von-rindern-peta-erstattet-strafanzeige-gegen-hofbetreiber-im-landkreis-breisgau-hochschwarzwald/
- PETA.de – Kühe in Anbindehaltung und Vernachlässigung von Kälbern – PETA erstattet Strafanzeige gegen Hofbetreiber im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge –https://presseportal.peta.de/kuehe-in-anbindehaltung-und-vernachlaessigung-von-kaelbern-peta-erstattet-strafanzeige-gegen-hofbetreiber-im-landkreis-saechsische-schweiz-osterzgebirge/
- auf-schluer.de – Anbindehaltung von Rindern verstößt gegen Tierschutzgesetz: Peta erstattet Strafanzeige gegen 12 Betriebe in Bayern und Baden Württemberg – https://www.auf-schluer.de/content/79143/anbindehaltung-von-rindern-verstoesst-gegen-tierschutzgesetz-peta-erstattet-strafgegen-12-betriebe-in-bayern-und-baden-wuerttemberg.html
- Neue Presse Coburg – Peta erstattet Strafanzeige gegen Hofbetreiber – https://www.np-coburg.de/inhalt.landkreis-hassberge-peta-erstattet-strafanzeige-gegen-hofbetreiber.b4d80514-6b08-4806-9898-a6adc73bd095.html
- GERATI – Warum die Anbindehaltung umstritten ist: Ein Blick auf PETA, Politik und Landwirtschaft – https://gerati.de/2024/06/05/anbindehaltung-umstritten/
- Agrarheute.com – Neues Tierschutzgesetz: Verschärfungen für Schweine- und Rinderhalter – https://www.agrarheute.com/tier/neues-tierschutzgesetz-verschaerfungen-fuer-schweine-rinderhalter-621060