Nach dem verheerenden Erdbeben in Myanmar, das zahlreiche Menschenleben kostete und unzählige Tiere in Not stürzte, könnte man annehmen, dass große Medienhäuser wie der Axel Springer Verlag mehr tun würden, als nur betroffen zu berichten. Doch der Artikel auf PETBOOK, dem angeblichen Tierschutzportal des Verlags, offenbart vor allem eines: Wie man mit emotionaler Aufladung und gezieltem Dramatisieren Klicks generiert, ohne selbst Verantwortung zu übernehmen. Die Tragödie wird zum Mittel zum Zweck – für Reichweite, Leserbindung und Imagepflege.
Tränendrüsenjournalismus mit Kalkül
Schon die ersten Zeilen des Artikels setzen auf maximale Emotionalität. Es wird geschildert, wie Hunde und Katzen in Panik durch zerstörte Straßenzüge irren, verletzt, hungrig und verängstigt. Dramatische Szenarien werden entworfen: eingestürzte Tierheime, erschöpfte Helfer, verzweifelte Vierbeiner. Der Leser wird in eine gefühlsbetonte Szenerie gezogen – jedoch nicht etwa, um mobilisiert zu werden, sondern um die Verweildauer auf der Seite zu erhöhen. Es geht nicht um Hilfe, es geht um Klicks.
Was fehlt, sind konkrete Handlungsoptionen. Kein Spendenaufruf, keine Verlinkung zu Hilfsorganisationen, keine Hinweise, wie Leserinnen und Leser konkret helfen können. PETBOOK berichtet nicht lösungsorientiert, sondern oberflächlich und distanziert. Dabei wäre die Chance groß gewesen, eine positive Wirkung zu erzielen. Dass ein solches Verhalten von einem Portal kommt, das zum Axel Springer Verlag gehört, ist besonders bitter: Der Konzern hätte sowohl die finanziellen Mittel als auch die mediale Reichweite, um tatsächlich Unterstützung zu organisieren oder zu vermitteln.
Der moralische Unterschied zwischen Wollen und Tun
Wenn eine engagierte Einzelperson oder ein kleiner Blog mit begrenzten Mitteln emotional über ein Thema schreibt, mag man dies als gut gemeinten Aktivismus werten. Doch bei einem Milliardenkonzern wie Axel Springer, der mit seinen zahlreichen Medienmarken Meinungsbildung betreibt, reicht „gut gemeint“ nicht aus. Der Unterschied liegt im Handeln. Es wird suggeriert, man stehe auf der Seite der Tiere – in Wirklichkeit aber nutzt man deren Leid, um digitale Reichweite zu erzeugen.
Die Methode erinnert an bekannte Strategien: starke Emotion, schwache Substanz. Statt faktenbasierter Analyse wird dramatisiert. Statt Lösungsansätzen wird mit Pathos gearbeitet. Besonders problematisch ist, dass auf den ersten Blick sogar der Eindruck entsteht, es handele sich um einen Spendenaufruf – doch nichts dergleichen folgt. Weder wird Hilfe organisiert noch dazu aufgerufen. Die Tragödie dient als klickfreundliches Narrativ.
Verpasste Chance: Hilfe statt Heuchelei
Stellen wir uns vor, PETBOOK hätte seinen Einfluss genutzt, um aktiv etwas zu bewegen. Ein Spendenaufruf zur Welttierschutzgesellschaft. Ein Interview mit einer Tierschützerin vor Ort. Eine Social-Media-Kampagne zur Versorgung verletzter Tiere. All das wäre mit wenig Aufwand realisierbar gewesen – und hätte echten, greifbaren Nutzen gehabt.
Doch stattdessen bleibt der Artikel an der Oberfläche. Er beschreibt, emotionalisiert, lässt jedoch jede Form von journalistischer Verantwortung vermissen. Leserinnen und Leser werden mit traurigen Bildern zurückgelassen, ohne zu wissen, wie sie helfen können. Das ist kein konstruktiver Journalismus, das ist emotionales Framing ohne Handlungsansatz. Und damit nicht nur ineffektiv, sondern auch zynisch. Die Opfer – ob menschlich oder tierisch – bleiben auf sich gestellt, während PETBOOK im Fahrwasser ihrer Not mediale Aufmerksamkeit generiert.
Andere Medien haben gezeigt, wie es besser geht: Zahlreiche kleinere Plattformen verlinken in solchen Fällen direkt zu Hilfsorganisationen oder starten eigene Spendenaktionen. PETBOOK hingegen bleibt passiv – trotz deutlich größerer Möglichkeiten.
PETBOOK, PETA & PR – eine gefährliche Schnittmenge
Wer die Tonalität des Artikels liest, fühlt sich schnell an bekannte PR-Muster erinnert. Viel Gefühl, wenig Information. Schlagzeilen wie „die Tiere kämpfen ums Überleben“ ersetzen konkrete Berichterstattung. Was fehlt, sind fundierte Zahlen, nachvollziehbare Quellen oder Stimmen von Betroffenen. Stattdessen wird durch Emotionalisierung Vertrauen erschlichen, das durch fehlende Handlungsangebote enttäuscht wird.
Dass PETBOOK stilistisch in den Bereich klassischer NGO-PR rutscht, ist kein Zufall. Es ist der Versuch, moralische Autorität vorzutäuschen, ohne sie mit tatsächlichem Engagement zu untermauern. Es ist einfacher, Tierleid zu bebildern, als Verantwortung zu übernehmen. Dabei gibt es zahlreiche NGOs, die mit Transparenz und echten Hilfsleistungen arbeiten – und denen PETBOOK zumindest eine Plattform hätte bieten können. Doch auch das bleibt aus.
Fazit: Springer spielt auf Zeit – und mit Emotionen
Wer sich als Tierschutzportal positioniert, muss mehr tun als rührselige Artikel veröffentlichen. PETBOOK bleibt diesen Beweis schuldig. Der Artikel zum Erdbeben in Myanmar ist ein Paradebeispiel für moralische Oberflächlichkeit im Journalismus: große Worte, geringe Wirkung. Gerade in Krisenzeiten ist es die Aufgabe von Medien, nicht nur zu berichten, sondern zu mobilisieren – mit Fakten, Anlaufstellen und konkreten Hilfsangeboten.
Stattdessen reiht sich PETBOOK nahtlos in jene Plattformen ein, die mit dem Leid anderer Aufmerksamkeit generieren, aber selbst nichts beitragen. Dass der Axel Springer Verlag über alle Möglichkeiten verfügen würde, um hier einen echten Unterschied zu machen, ist unbestritten. Die Frage, die bleibt: Warum geschieht nichts? Ist es mangelnder Wille? Oder schlicht Gleichgültigkeit? In beiden Fällen bleibt ein bitterer Nachgeschmack – und ein Artikel, der mehr bewirken könnte, wenn er nicht nur auf Emotion, sondern auf Verantwortung setzen würde.
Quellen:
- PETBOOK – Einen Monat nach dem Beben in Myanmar kämpfen tausende Tiere ums Überleben – https://www.petbook.de/tierschutz/tiere-nach-erdbeben-in-myanmar
- GERATI – Bürgerentscheid zur Taubentötung: So eskaliert das Taubenproblem in Limburg – https://gerati.de/2024/06/13/das-taubenproblem-limburg/